Besetzt und befreit

■ Verbotener kurdischer Kulturverein in Bremen widersetzt sich erfolgreich

Bremen (taz) – Ein friedliches Ende hat gestern eine Besetzung des kurdischen Kulturvereins Hevalti in Bremen genommen. Abgeordnete der vier Bürgerschaftsfraktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der AfB (Arbeit für Bremen) haben mit dem Vorstand des am Dienstag verbotenen Kulturvereins verhandelt. Zumindest die PolitikerInnen von SPD, Grünen und AfB werden demnach einen neuen Verein gründen. In der Satzung wird die Förderung der kurdischen Kultur festgeschrieben sein, die Bremer KurdInnen sollen in dem Prominenten-Verein eine neue politische und kulturelle Heimat finden. Diese Lösung hatte sich bereits am späten Mittwochabend abgezeichnet.

Die vier PolitikerInnen und Bremens Ausländerbeauftragte Dagmar Lill hatten sich mit kurdischen Besetzern in einem Zelt vor dem besetzten Vereinsgebäude zusammengesetzt. In dem Haus waren seit Mittag rund 100 kurdische Männer, Frauen und Kinder. Sie hatten die vier Schlösser aufgebrochen und die von der Polizei am Tag vorher verbretterten Fenster gelichtet. Die Polizei war schon vorher in Alarmbereitschaft. In der Umgebung standen rund zehn Polizeibusse, Beamte des Sondereinsatzkommandos wachten gegenüber dem Haus. Einsatzleiter Wagemann verhandelte über eine Stunde mit den Kurden und verlängerte mehrmals das von ihm gestellte Ultimatum für eine Räumung. Er appellierte immer wieder an die Kurden, das Haus friedlich zu räumen. Die jedoch blieben hartnäckig. „Wir sind zum äußersten entschlossen“, sagte Nusret Demir, Vorstand von Hevalti. Er forderte, daß die politisch Verantwortlichen zu ihnen kommen sollten. Erst wenn über das Vereinshaus, die beschlagnahmte Einrichtung und die Zukunft der Kurden gesprochen sei, würden seine Landsleute abziehen. Nachdem die Polizei angeblich keinen Politiker erreichen konnte, eilte in letzter Minute Arendt Hindriksen herbei. Der ausländerpolitische Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion war von einem Kurden benachrichtigt worden. Hindriksen konnte seine ParlamentskollegInnen von der brisanten Situation überzeugen – alle Parteien schickten Vertreter.

CDU-Innensenator Ralf Borttscheller hatte den Verein Hevalti am 1. November verboten. Die Polizei vollstreckte die Verfügung am Dienstag. Schwerbewaffnet durchsuchten sie die Vereinsräume und mehrere Privatwohnungen von Mitgliedern. Borttscheller begründete seine Zwangsmaßnahme damit, daß in den Räumen Straftaten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorbereitet würden. Lediglich ein Verstoß geschah laut Verfügung in diesem Jahr: Eine Polizeistreife habe durch ein Fenster ein Bild des PKK-Vorsitzenden Apo Öcalan gesehen. Hans- Eberhard Schultz, Anwalt von Hevalti, glaubt daher an andere Motive. Momentan klagt Hevalti gegen Borttscheller wegen Verleumdung. Im der Zeitschrift Focus hatte der CDU-Politiker den Verein mit der PKK in Verbindung gebracht. Beweise hat Borttscheller bisher nicht vorgelegt. Ulrike Fokken