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Theatertod geht um

■ Sparforderungen von 3,5 Millionen drohen dem Bremer Theater die Existenzfrage an: Oper oder Schauspiel?

„Vertragsbruch“ schallt es durch das Bremer Theater. Noch 1993 hatte der neue Intendant Klaus Pierwoß mit der damaligen Senatorin Helga Trüpel heftig um die juristischen Grundlagen seines Arbeitsvertrages gerungen. Das Resultat der zähen Verhandlungen: Das Theater ist bereit jährliche 2 Millionen einzusparen, dafür sichert die Stadt Planungssicherheit für fünf Jahre zu.

Nun sollen weiter 3,5 Millionen vom Bremer Theater eingespart werden, (siehe taz vom 17.11.) soweit das erste Gespräch mit der neuen Senatorin Bringfriede Kahrs. „Da kann es nur heißen, sollen wir die Oper zumachen, oder gleich das Schauspiel?“ sorgte sich Klaus Pierwoß auf der gestrigen Pressekonferenz um den Fortbestand seines 3-Sparten-Theaters.

Wie ernst die Lage ist, habe die indirekte Drohung der Senatorin deutlich gemacht. Wenn man auf die Sparforderung nicht eingehe, werde sie „politisch oktroyiert“. Eine Machtdemonstration? Damit stehe die Erfüllung des mit ihm geschlossenen Vertrags offensichlich nicht mehr zur Diskussion resümiert Klaus Pierwoß den Stand der Dinge unter juristischem Aspekt. „Wir können das nicht, ohne ein Bein zu amputieren“ erläuterte Geschäftführer Rempe die begrenzten Möglichkeiten des Theaters. Weder die Schließung des Kinder- und Jugendtheaters MOKS, noch des Tanztheater führten zu einer Einsparung von insgesammt 5,5 Millionen. Die brutale Sparpolitik im Kulturressort stelle somit die Gretchenfrage: soll das Theater mit seinen drei Sparten Tanz, Musik und Schauspiel erhalten bleiben oder nicht? Wetzt der Theatertod, der 1981 schon einmal das Bremer Schauspiel bedrohte, wieder die Sense?

Bringfriede Kahrs zeigte sich erstaunt über die heftige Reaktion auf ihre Sparvorschläge. Die Summe von 3,5 Millionen habe sie dem Theater vorgeschlagen, weil man dort schließlich „die Hälfte des gesamten Etat verbraucht.“ Schlicht eine prozentuale Weitergabe des Spardrucks an die Institution? Wie schon ihre Vorgängerin ist die Senatorin Aufsichtsratvorsitzende der GmbH des Bremer Theaters. Wird sie sich in dieser Rolle für den Erhalt des 3-Sparten-Hauses einsetzten? „Da muß ich bezogen auf einen Wirtschaftsplan die Relation zwischen Einnahmen und Ausgaben zur Übereinstimmung bringen“, wägte die Senatorin ab.

Vom Parteigenossen Bürgermeister Scherf stammt die Ideen durch einen Solidarpakt der öffentlichen Bediensteten den nötigen Sparerfolg zu erzielen. 9,1 Prozent weniger Lohn und weniger Arbeit lautet der Vorschlag, der Kündigungen vermeiden soll. Im Bremer Theater, wo 85 Prozent der Kosten auf das Personal entfallen, hat man sich diesen Vorschlag schon durch den Kopf gehen lassen. Geschäftführer Rempe „Prozentual weniger arbeiten, können wir hier nicht. Sollen wir eine Oper vielleicht nach dem 3. Akt abbrechen und sagen, –tut uns leid, wir sind leider nicht fertig geworden?–“

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