■ Hinterbank
: Specht for president!

Die Grünen sind noch immer für einen Spaß zu haben. Deshalb ließ sich Fraktionschef Wieland dazu hinreißen, einem 26jährigen Witzbold seine Unterstützung zuzusagen, falls dieser gegen den Regierenden Bürgermeister antritt. Der stadtbekannte Christian Specht stellte sich dann auch prompt am vergangenen Wochenende auf einem kleinen Parteitag vor.

Eigentlich müßten CDU und PDS die Stadt regieren, sagte er den grünen Delegierten. Weil dies aber unmöglich sei, will er Regierender werden. Die PDS unterstütze ihn. Großes Gelächter. Die ehemalige Schulsenatorin Volkholz mache er zu seiner Beraterin, die kann nämlich, im Gegensatz zu ihm, lesen. Am Ende seiner siebenminütigen Rede verabschiedete er sich mit den Worten: „Der Bürgermeister steht vor euch.“

Der Jubel im Publikum war so groß, daß noch heute alle von ihm begeistert sind. Der habe die beste Rede gehalten, sagt Renate Künast, die Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses werden will. Warum nur setzte sich für Specht niemand ein? Die Delegierten entschieden sogar, erst gar keinen Kandidaten gegen Diepgen aufzustellen.

Volkholz ist die Entscheidung bis heute unerklärlich. Sie hatte sich vom künftigen Regierungschef zusichern lassen, die Senatsverwaltungen für Inneres, Finanzen, Schule, Berufsbildung, Forschung sowie Wissenschaft zu bekommen. Die Ex- Senatorin wollte nach Belieben die Stellenzahl in Schulen erhöhen oder nach Lust und Laune die Staatsknete zum Unifenster hinauswerfen.

Specht will Diepgen zum Jugendsenator ernennen – wenn jener brav den Indianerschmuck trägt, der ihn auf Wahlplakaten zierte. Von dieser Idee war selbst SPD-Fraktionssprecher Stadtmüller begeistert. Der wiederum glaubt auch den Grund für die grüne Entscheidung gegen einen Bürgermeisterkandidaten zu kennen, bei dessen Vorstellungsrede CDUler toben und danach die Boulevardpresse wie in besten Hausbesetzertagen „Grünes Chaos im Parlament“ titeln würde. „Die sind feige.“

Die Angst vor mißliebigen Schlagzeilen weist Wieland mit einem breiten Grinsen von sich. Dann zückt er doch die Medienkeule: Bislang interessiere sich nur die taz für das Thema, der SFB etwa habe Specht noch immer nicht zu seiner Kandidatur interviewt. Die Berliner müßten ihn wollen – wenigstens die unabhängigen Intellektuellen.

Also, Akademiker, unterstützt Christian Specht! Grünes Fraktionstelefon: 2352-2450. Dirk Wildt