Der Drachen vom „Checkpoint debis“

■ Betreten verboten: Weil die Alte Potsdamer Straße bis zum Ende der Bauarbeiten von debis eine „Privatstraße“ ist, werden Besucher des Weinhauses Huth abgewiesen

Wohl kaum etwas wird in Berlin so gut beschützt wie das einstige Weinhaus Huth. Wer immer das einzige Gebäude oder die verbliebenen Mietparteien am Potsdamer Platz aufsuchen will, stößt auf Barrieren. Die frühere Schellingstraße ist unpassierbar. Östlich des Weinhauses befindet sich eine tiefe Baugrube. Im Westen macht ein hoher Zaun den Zugang unmöglich und die einzige noch offene Einfahrt an der Alten Potsdamer Straße sichert ein uniformierter Drachen von debis/Daimler Benz.

Eine Grenzerfahrung der besonderen Art erlebte am vergangenen Wochenende der Ostberliner Michael Buch. „Weil ich mir von den Mietern einen Rat im Umgang mit störenden Bauarbeiten vor der eigenen Haustür holen wollte, bin ich zum Weinhaus Huth gegangen.“ Die Bewohner hatten in der Vergangenheit gegen den Baulärm opponiert, waren auch rechtlich gegen debis vorgegangen.

Doch der Bürger aus Mitte kam nicht weit. An der Alten Potsdamer Straße verwehrte ihm der Wachmann weiterzugehen. „Es hieß Stopp. Alles weitere erinnerte mich an einen früheren Grenzkontrollpunkt“, sagte Buch zur taz. „Ich sollte dem Pförtner erst die Namen der Bewohner oder deren Telefonnummern nennen, oder einen Passierschein von debis vorweisen.“ Weil er weder das eine wußte noch das andere hatte, war ein Durchkommen unmöglich. Buch mußte vom „Kontrollpunkt debis“ wieder abziehen.

Auch ein zweiter Versuch, auf der Straße vor das Weinhaus zu gelangen, scheiterte am Wachdienst, der Besucher nur nach einer Ausweiskontrolle auf die Alte Potsdamer Straße läßt. Es sei richtig, daß für die südliche Potsdamer Straße eine Ausweisregelung gelte, erklärte Mark Münzing von debis. „Ohne diese könnten wir keine Sicherheit auf der Straße garantieren“, die von schweren Lastern befahren werde.

Der Konzern habe aus diesem Grund eine Umwidmung der öffentlichen Straße „in eine Privatstraße“ beim Bezirk Tiergarten beantragt und diese auch erhalten. Die Entwidmung der öffentlichen Straße gelte für den Zeitraum der debis-Baumaßnahmen am Potsdamer Platz – also bis zum Jahr 1998. Allerdings, räumte Münzing ein, sei der Bereich vor dem Weinhaus öffentliches Straßenland. Trotzdem könne wegen des „Gefährdungspotentials“ nicht jedem Passanten die Zufahrt gestattet werden.

Einen offenen, seitlich begrenzten Korridor bis zum Haus wollte sich Münzing nicht vorstellen. Dies sei „problematisch“, weil die Straße nicht überall einsehbar sei. Kein Verständnis hatte Münzing für den Abgewiesenen. „Wer besucht jemanden, den er gar nicht kennt?“ fragte der debis-Manager. Er empfahl Buch, sich erst die Namen der Weinhaus-Huth-Mieter zu besorgen. Zum einen hätten die verbliebenen Mieter „Zutrittsrecht“. Zum anderen würden diese zur Zeit dort gar nicht mehr dauerhaft wohnen, sondern nur noch gelegentlich ihre Wohnungen betreten. Rolf Lautenschläger