Pest oder Cholera

■ Drohende Kürzungen gehen den sechs Hamburger Frauenhäusern an die Substanz

Die sechs Hamburger Frauenhäuser sollen von Januar 1996 an insgesamt 300.000 Mark weniger erhalten. Konkret bedeutet dies, daß die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) angehende Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen, die bisher ein Berufsanerkennungsjahr in den Einrichtungen machten, nicht mehr finanziert. Außerdem sollen 1,2 Stellen wegfallen. „Stellenschlüsselvereinheitlichung“ heißt das im Behördendeutsch. Denn zwei der autonomen Frauenhäuser waren etwas besser ausgestattet als die anderen, und Gerechtigkeit muß sein, befand die Behörde.

„Das fünfte Haus hatte noch im September grünes Licht für Einstellungen bekommen, was bereits im Oktober wieder zurückgenommen wurde“, erzählt Gunda Ennen, Sozialpädagogin im ersten autonomen Hamburger Frauenhaus. Dabei arbeiteten die autonomen Frauenhäuser mit ihren 180 Plätzen schon jetzt an ihren finanziellen und personellen Grenzen. Die Kürzungen seien aber auch in Zusammenhang mit Diskussionen zu sehen, bei denen die Behörde die Konzepte der Häuser kritisiert habe und verstärkt Kontrollmechanismen durchdrücken wolle. „Die Behörde will zum Beispiel die Aufenthaltsdauer begrenzen“, berichtet Ennen. Dies sei aber nicht möglich, da unter den Zuflucht-Suchenden viele Migrantinnen seien, die es auf dem Wohnungsmarkt einfach schwerer hätten.

„Wir können nur wählen zwischen Pest und Cholera“, entschuldigt sich BAGS-Pressesprecherin Christina Baumeister. Von Kürzungen seien alle sozialen Einrichtungen bedroht. Die laufenden Verträge mit den Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen müßten ja nicht gekündigt werden, das Geld müsse nur an anderer Stelle gespart werden.

Gabriele Dasse, frauenpolitische Sprecherin der GAL, hält es für fatal, in diesem Bereich zu sparen. Wenn die Bürgerschaft im Dezember noch einmal über den Haushalt berät, will ihre Fraktion beantragen, die Kürzungen rückgängig zu machen. Patricia Faller