Zu viert in die Währungsunion

■ Europäisches Währungsinstitut gibt EU-Regierungen die Note ungenügend

Berlin (taz) – Wie und wann in Europa eine Währungsunion geschaffen werden soll, hat das Europäische Währungsinstitut (EWI) schon festgelegt. Aber wer überhaupt daran teilnehmen wird – da sieht es düster aus. Gestern hat das EWI, Vorläufer einer europäischen Zentralbank, den EU-Mitgliedsstaaten miserable Zeugnisse ausgestellt: „Insgesamt ist der Fortschritt hin zu einer Konvergenz in der Gemeinschaft unzureichend“.

Nur zwei Länder – Luxemburg und die Bundesrepublik – erfüllen zur Zeit alle Konvergenzkriterien, die laut Maastricht-Vertrag zum Eintritt in die Europäische Währungsunion berechtigen. Und selbst Deutschland schafft es allenfalls um Haaresbreite, das Limit bei der öffentlichen Verschuldung einzuhalten. Vier Staaten – Italien, Spanien, Portugal und Griechenland – erfüllen überhaupt keines der fünf Konvergenzkriterien.

Laut Maastricht-Vertrag darf die Verschuldung 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten, und das Defizit darf maximal drei Prozent des Sozialprodukts betragen. Die Fortschritte bei Defizit- und Schuldenabbau findet das EWI ganz besonders enttäuschend. Zudem müssen sich Inflationsrate, Zinsniveau und Wechselkurs innerhalb bestimmter Grenzen halten. Wer ab 1999 bei der Währungsunion mitmachen will, muß bis 1997 die Konvergenzkriterien einhalten. Das EWI mahnt in seinem Bericht aber, daß die Regierungen nicht nur zum Stichdatum, sondern selbstverständlich auch nach dem Start der Währungsunion die Limits einhalten müßten, insbesondere bei Verschuldung und Haushaltsdefizit.

Zur selben Zeit wie das in Frankfurt/Main ansässige EWI veröffentlichte EU-Währungskommissar Yves-Thibault de Silguy in Brüssel gestern seine Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung Europas. Bis 1997 könnten demnach nur vier Staaten die Aufnahmeprüfung zur Währungsunion bestehen: Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Großbritannien. Die anderen elf EU-Mitglieder scheitern zumindest an der Staatsverschuldung. De Silguy wollte sich nicht äußern, ob angesichts dieser Daten der Beginn der Währungsunion verschoben werden muß. Nicola Liebert