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: Dünnsinn

„Das Queen-Phänomen“, Samstag, 23.50 Uhr, ZDF.

Man steht ja leicht als humorlos da, wenn einem bunte und ikonographische Bilder wie solche von der britischen Band „Queen“ nur übel aufstoßen. Schließlich haben die beiden Wiener Videoästheten Rudi Dolezal und Hannes Rossacher (ja, die!) die Werbesendung gefertigt. In wirren Schnitten zeigten sie Aufnahmen der Gruppe vom Ende der sechziger, dann der siebziger Jahre. Und immer wieder Freddie Mercury, der einzige Sänger aus dem Olymp der Branche, dem ein phänomenaler Überbiß nicht schadete.

Man sah Freddie in allen erdenklichen Textilien, in Federboas, auf klobigen Bauernpumps, stets geschminkt und gestylt – ein Glamourboy, der Trash wohl erst erfand, nicht jedoch als kulturellen Brückenschlag zwischen den Fußballstadien und Darkrooms dieser Welt.

Ohne Mercury ist Queen nichts, ohne die Gruppe jedoch hätte der vor vier Jahren an Aids Verstorbene nie diese Bühne bekommen, all seine Begierden und Leidenschaften auszuleben. Weshalb jedoch Queen weiterhin Erfolg haben, blieb offen. Möglich, daß dies auch besser gar nicht erörtert werden sollte, schließlich muß die CD mit unveröffentlichten Aufnahmen Mercurys unter das Volk promoted werden: „Made in Heaven“ soll hinter dem Erfolg der „Beatles“-Anthology schließlich nicht zurückstehen. Mit keiner Silbe erwähnten Dolezal und Rossacher, daß Mercury schwul war. Wie überhaupt zog er sich Aids zu? Hat er nach den Konzerten sich auf die homosexuelle Piste zurückgezogen, abgespalten vom heterosexuellen Tun des Gros seiner Branche? Hatte er Freunde?

Freddies Kollegen wurden gezeigt, beim „Tribute“-Konzert: Lennox, Bowie, Rose, Daltrey und Seal – alle des Lobes voll und schwer betroffen. Was sie traf, erfuhr man nicht. Mercury am Ende seiner Tage: schmal, melancholisch, wie immer auf Abwehr bedacht, wenn überhaupt mal gefragt wurde. Nur Ausschnitte, keine Erklärungen, Deutungen oder Vermutungen. Eine Totenfeier im Namen des Geschäfts: widerlicher und ästhetischer Dünnsinn. Freddie hätte es gefreut. Jan Feddersen