Milosevics Geld abgewertet

■ Restjugoslawien will mit einem liberalen Wirtschaftsprogramm und niedrigen Zöllen zur Normalität zurückkehren. Die serbische Erdölindustrie ist pleite

Belgrad (AFP/AP/taz) – Dragoslav Adamović, Gouverneur der Zentralbank in Belgrad, gilt als Finanzgenie. Sein neuester Coup dürfte vor allem die Schwarzhändler treffen: Seit dem Wochenende ist die D-Mark auch offiziell nur noch rund 3,3 Dinar wert.

Adamović selbst hatte 1994 die ausufernde Inflation in Restjugoslawien damit gestoppt, daß er den Kurs des Dinars im Verhältnis von eins zu eins an die D-Mark koppelte. Mit dem Fall des UN-Embargos soll nun auch der Geldhandel wieder liberaliert werden.

Das Wirtschaftsprogramm, das Adamović ausgearbeitet hat, umfaßt fünfzehn Punkte und soll der Stabilisierung der Preise, der Förderung der Produktion und des Exports dienen.

Aber auch die Einfuhren sollen möglichst ungehindert fließen. Zollabgaben für Importe betragen jetzt nur noch zwischen zwei Prozent für Rohstoffe, Ersatzteile sowie Medikamente und maximal 30 Prozent für Luxuswaren, heißt es in der Verlautbarung, mit der die Regierung die Abwertung des Dinar bekanntgab.

Der Export ist sogar fast völlig frei. Für nur zwei Prozent der Waren werden Ausfuhrbestätigungen verlangt. Für 14 Prozent der Importwaren sind Einfuhrgenehmigungen erforderlich. Bisher waren es 25 Prozent.

Die Aussetzung des UN-Embargos hat das aus Serbien und Montenegro bestehende Restjugoslawien (RFY) vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch bewahrt. Die dreieinhalb Jahre – oder 1.253 Tage – dauernden UN-Sanktionen haben die Industrien weitgehend lahmgelegt. Ein Großteil der 10,5 Millionen Einwohner überlebt nur dank einer Schattenwirtschaft, die die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts ausmacht und von der Regierung toleriert wird.

Die RFY hat durch die Sanktionen einen Schaden von über 10 Milliarden Dollar (14 Milliarden Mark) erlitten. Der Großteil der Fabriken steht still, weil Rohstoffe und Ersatzteile fehlen. Das Land zählt 700.000 Arbeitslose, der Durchschnittsverdienst liegt bei monatlich 100 Dollar (rund 140 Mark).

Vor allem Schieber und die Mafia haben vom Krieg profitiert. Sie bereicherten sich illegal durch Schmuggel, Steuerflucht (vor allem nach Zypern, Griechenland und Mazedonien), Immobilienspekulation und Betrug im Devisenhandel. Am einträglichsten war der Benzinschmuggel.

Riesige Schuldenberge haben sich angehäuft

Der Rückkehr zu einer normalen Wirtschaftsaktivität und Handelsbeziehungen mit dem Ausland gestaltet sich weitaus schwieriger. Vertreter der serbischen Mineralölindustrie (NIS) verweisen bereits auf die Kehrseite: Die Aufhebung des Embargos bedeutet auch, daß nun die ausländischen und jugoslawischen Schulden aus der Zeit vor dem Krieg in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar bezahlt werden müssen.

Bereits jetzt ist die NIS zahlungsunfähig und kann deshalb kein Rohöl einführen. Falls ihr dies doch gelingen sollte, wäre das an den Tankstellen verkaufte Benzin wegen der Einfuhrzölle und anderer Steuern teurer als bei den kleinen Schmugglern an der Straßenecke. Letztere dürften deshalb auch in absehbarer Zeit keine Zukunftssorgen plagen.

Nach Ansicht serbischer Wirtschaftsfachleute werden die Auswirkungen der UN-Sanktionen noch auf Jahre zu spüren sein. Das Land muß den technologischen Rückstand aufholen und sich nach neuen ausländischen Partnern umsehen. Zur Ankurbelung ihrer Wirtschaft setzt die RFY auf die Wiederbelebung der Handelsbeziehungen mit Ländern wie Frankreich und Deutschland. nh