IrInnen vor dem Scheidungsrichter: „Die Medaille hat zwei Seiten“

Volkes Stimme sei Dank: Jetzt dürfen auch die IrInnen den heiligen Bund der Ehe scheiden lassen. Mit einem knappem Vorsprung von 9000 Stimmen (50,6 Prozent) setzten sich die Scheidungs-BefürworterInnen am Wochenende in Irland durch. Die taz fragte in Bremen lebende InsulanerInnen, was sie von dem Ergebnis der Volksabstimmung halten.

John McLaughlin (44),

Chef eines Versandhandels:

Das war längst überfällig. Jeder vernünftig denkende Mensch muß dafür sein. Trotzdem verstehe ich, warum manche Iren absolut dagegen sind. Sie stehen stark unter dem Einfluß der katholischen Kirche. Besonders die Landbevölkerung wird unter Druck gesetzt. Meine Schwester zum Beispiel, der fällt es wie vielen ganz schwer, die Abstimmung zu akzeptieren.

Peter Conlon (31),

Fabrikarbeiter:

Die Medaille hat zwei Seiten. Für bestimmte Leute ist es ganz wichtig, daß sie sich scheiden lassen können. Zum Beispiel Frauen, die von ihren Männern geschlagen oder anders unterdrückt werden. Andererseits glaube ich, daß viele die Ehe nun zu leicht nehmen. Früher hat man länger versucht, an einer Beziehung zu arbeiten. Bei einer Krise geben vielleicht manche jetzt zu schnell auf. Die einzigen, die sich richtig freuen können, sind Anwälte. Die machen jetzt das ganz große Geschäft.

John Hoade (28),

Übersetzer und Kellner:

Das Ergebnis hat mich wirklich gefreut. Vor allem junge IrInnen haben schon lange nicht mehr verstanden, warum Scheidung verboten sein soll. Auf sie hat die Kirche nämlich nicht mehr soviel Einfluß wie auf die älteren. Ich komme aus einer erzkatholischen Familie. Mein Onkel ist Priester, meine Tante Nonne. Die sehen das natürlich anders als ich.

Michael Lanigan (41),

Berufsschullehrer:

Das wurde wirklich Zeit. Aber ehrlich gesagt, hatte ich mit dem Ergebnis nicht gerechnet. Denn Irland ist immer noch so konservativ, daß viele fortschrittlich Denkenden auswandern und wenig Lust haben, zurückzukehren. So ging's mir auch, als ich vor 17 Jahren nach Bremen kam. Da habe ich mich plötzlich so jung gefühlt, weil ich gemerkt habe, daß man mit 24 noch nicht unbedingt verheiratet sein und ein paar Kinder haben muß.

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Foto: Nikolai Wolff