Kein Studium für AusländerInnen

■ Ausländerbehörde versagt über 23jährigen den Aufenthalt

Die Bremer Ausländerbehörde formuliert international einmalige Sonderregelungen für ausländische StudienanwärterInnen: Seit diesem Semester verweigert sie solchen, die älter als 23 Jahre alt sind, die Aufenthaltserlaubnis. Wir sprachen mit Prof. Dr. Hagen Lichtenberg, an der Universität „Konrektor für internationale Angelegenheiten“.

taz: Von wann stammt der Erlaß der Ausländerbehörde?

Lichtenberg: Das ist kein Erlaß, sondern eine informelle Einigung bei den leitenden Beamten des Ausländeramts.Diese stammt, soweit mir bekannt ist, aus Anfang Mai, einer Zeit also, in der Borttscheller noch nicht im Amt war.

Ist die Uni bei dieser Einigung einbezogen worden?

Nein, wir waren nicht involviert. Wir haben davon erst jetzt durch die Studienanwärter erfahren.

Sind auch StudentInnen betroffen?

Davon ist mir nichts bekannt. Die im im Mai getroffene Regelung kam fürs Sommersemster zu spät. So wurde diese Praxis jetzt erstmals für das akademische Jahr 1995/96 angewandt. Nach meinen Kenntnissen liegt die Zahl der betroffenen Studienanwärter zwischen neun und zwölf.

Ist die Maßnahme im Sinne der Universität?

Überhaupt nicht. Das ist ganz genau das Gegenteil von dem, was wir wollen. Sie behindert die internationale Entwicklung und Entfaltung der Universität Bremen. Herr Kinkel hat vor gut einer Woche auf der Rektorenkonferenz gesagt, die deutschen Universitäten müssen sich mehr öffnen für ausländische Studierende und Wissenschaftler. Deutschland verliert als Studien- und Bildungsstandort seine Position, wir sind heute in vielen Punkten nur noch zweite Wahl. Die Studierenden aus dem Ausland gehen nach England oder Frankreich. Deutschland fällt immer weiter ab, eine verhängnisvolle Entwicklung. Wir haben, wie andere Universitäten, starkes Interesse auch an qualifizierten Leuten, also solchen, die möglicherweise schon ein Grundstudium absolviert haben. Die haben bei dieser Regelung schon gar keine Chance mehr.

Ist Ihnen eine solche Regelung aus anderen Bundesländern bekannt?

Nein.

Und international?

Auch nicht.

Was Wollen Sie gegen die Maßnahme unternehmen?

Ich setze stark auf ein bereits seit längerem geplantes Gespräch mit Senator Borttscheller. Ich bin überzeugt, daß er hier nicht so hartleibig ist. Schließlich ist er selbst auch als Student im Ausland gewesen. Die Punkte, die hier zur Disposition stehen, sind schlichtweg nicht haltbar, und ich denke, daß sie zu bereinigen sind.

Mußten schon StudienanwärterInnen Bremen verlassen?

Bei den Studierenden, die von mir betreut werden, ist es gelungen, die aufenthaltsrechtlichen Erfordernisse zu erfüllen. Ich weiß aber definitiv, daß eine Japanerin nach Göttingen gegangen ist, und dort studiert. Außerdem gibt es einige noch offene Fälle.

Stellt sich die Uni hinter diese StudienanwärterInnen?

Aber sicher.

Die Ausländerbehörde hat schon andere Sonderregelungen formuliert. Studierende aus Nicht-Eu-Ländern dürfen während der Vorlesungszeit kein Geld verdienen, ein Schotte mußte ungewöhnlich detailliert die Finanzierung seines einjährigen Aufenthaltes nachweisen. Würden Sie sagen, daß diese Maßnahmen diskriminierend sind?

Diskriminierend ist nicht ganz das passende Wort. Die Behörde verfolgt hier eine restriktive Politik. Und im Augenblick habe ich den Eindruck, daß der im Ausländerrecht relativ weite Ermessenspielraum im Zweifel immer zu Lasten der ausländischen Studierenden angewandt wird. Das bedaure ich doch eigentlich sehr.

Fragen: Dora Hartmann