Super-Gondel fiel in technische Lücke

■ Beim Absturz einer Vergnügungskabine versagten offenbar die Bremsen. Aus zwölf Metern im freien Fall aufgeschlagen. Landeskriminalamt ermittelt gegen Betreiber. 22 Verletzte mußten in Krankenhäuser

Die Ursache für den Absturz einer Fahrgastgondel in Friedrichshain ist möglicherweise auf eine Lücke im technischen System zurückzuführen. Dies erklärte gestern Harald Wunderlich vom Landeskriminalamt nach ersten Ermittlungen. Bei dem Unglück auf dem Platz der Vereinten Nationen waren am Sonntag abend über 60 der einhundert Insassen verletzt worden. 22 von ihnen mußten im Krankenhaus behandelt werden. Ein Fahrgast soll eine Rückenmarksverletzung erlitten haben.

Nach Angaben des LKA hat es bei der Auffahrt der Kabine auf dem Weg zur 95 Meter hohen Spitze des mobilen Aussichtsturms auf einer Höhe von etwa 70 Metern einen Getriebeschaden gegeben. Die Computersteuerung der Anlage habe sofort die Fahrt gestoppt, die Kabine sei dann längere Zeit stehengeblieben. Bei der Bergefahrt sei es zur Überlastung der Bremsen gekommen. Ein zusätzliches Bremssystem würde automatisch erst bei einer Fallgeschwindigkeit von 1,6 Metern pro Sekunde eingeschaltet. Die Gondel sei aber nur mit 1,4 Metern pro Sekunde gefallen. Trotzdem sei es zu den schweren Verletzungen beim Aufprall am Boden gekommen. Das LKA ermittelt nun wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Betreiber der Anlage, den Bremer Schausteller Friedrich Finnendahl.

Ein Augenzeuge berichtete, die Kabine sei immer schneller gesunken, dann aus etwa zwölf Metern Höhe im freien Fall aufgeschlagen und nochmals deutlich wieder hochgesprungen.

Jürgen Wichmann vom Landesamt für Arbeitsschutz glaubt, beim derzeitigen Ermittlungsstand menschliches Versagen ausschließen zu können. „Der Fahrer der Gondel war ein Mitarbeiter der holländischen Herstellerfirma Nauta Bussink. Alle Maßnahmen wurden genau nach der Betriebsanleitung durchgeführt.“

Der vor einer Woche erstmals in Deutschland aufgestellte Aussichtsturm war vom TÜV Bayern und Sachsen in Holland technisch abgenommen worden. Nach der Aufstellung auf dem Weihnachtsmarkt habe es eine erneute Prüfung gegeben. Der zuständige Mitarbeiter des bayrischen TÜVs wollte keine Stellungnahme abgeben. Das Bauaufsichtsamt Friedrichshain hatte die aus Stahlstreben zusammengesetzte Anlage vor Inbetriebnahme statisch geprüft.

Wichmann erklärte, bei dem Getriebeschaden habe es sich um einen Materialfehler gehandelt, der auch bei genauerer Prüfung im vorhinein nicht feststellbar gewesen wäre. „Wenn Sie mit Ihrem Auto vom TÜV kommen, kann Ihnen auch nach wenigen Kilometern der Bremsschlauch reißen.“

Mindestens bis zur endgültigen Klärung der Unfallursache bleibt die Panoramagondel außer Betrieb. Der Bremer Schausteller Finnendahl möchte sein Fahrgeschäft nach den notwendigen Reparaturen möglichst schnell wiedereröffnen. Ob die über sechs Millionen Mark teure Anlage allerdings weiterhin eine beliebte Attraktion bleibt, muß sich erst zeigen. Umstehende Passanten jedenfalls erklärten übereinstimmend, daß sie auf keinen Fall mehr eine Gondelfahrt riskieren wollten. Gereon Asmuth