„Absolution für den Militarismus“

■ Zündstoff auf dem Parteitag: Bündnisgrüne streiten um die Beteiligung der Bundeswehr an Friedenssicherung in Bosnien

Bonn (taz/AFP) – Die Frage nach einer Beteiligung der Bundeswehr an der Friedenstruppe in Bosnien wird auf dem Parteitag der Bündnisgrünen am kommenden Wochenende für Zündstoff sorgen. Ein entsprechender Konflikt zeichnet sich zwischen der Bundestagsfraktion der Grünen und der Parteimehrheit ab. Während die linken Gegner deutscher Kampfeinsätze mit einer Mehrheit der Parteitagsdelegierten für ihre Position rechnen, erwarten grüne Realpolitiker, daß rund die Hälfte der Bundestagsabgeordneten für den Kabinettsbeschluß zur Entsendung der Bundeswehr nach Exjugoslawien stimmt. Gehen beide Vorhersagen in Erfüllung, würde eine Mehrheit der Fraktion im Bundestag gegen den Willen des Parteitags stimmen.

Wie der Parteivorstand lehnte gestern auch die sicherheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Angelika Beer, eine Zustimmung entschieden ab. Die Grünen dürften sich nicht „von der Taktik der Bundesregierung einlullen lassen“, mit der Forderung nach internationaler Unterstützung für die Menchen in Bosnien einen Bundeswehr- Kampfeinsatz außerhalb des Nato- Gebiets durchzusetzen. Beer kritisierte auch die geplante militärische Umsetzung des Abkommens von Dayton, die zu einer weiteren Eskalation des Konfliktes führen könne. Vielmehr solle das Abkommen durch eine friedenserhaltende UN-Mission umgesetzt werden.

Die Pazifisten, die auf dem Bremer Parteitag einen eigenen Antrag vorlegen, wollen im letzten Wahlgang notfalls für den von Ludger Volmer formulierten Antrag der Parteilinken stimmen. „Wenn Kleinert gegen Volmer steht, werden wir, um Schlimmeres zu verhüten, Volmer unterstützen“, erklärte Uli Cremer. Der Schritt würde den Pazifisten schwerfallen, da sie auch die Volmer-Position für einen „echten Türöffner für weiteres militärisches Engagement“ halten. Der Antrag mit dem Titel „Deutschland als internationaler Zivildienstleistender“ wird laut Cremer bislang nur von einer Bundestagsabgeordneten unterstützt. Cremer will in Bremen die Fraktion auffordern, die Beschlüsse des Parteitages umzusetzen.

Ludger Volmer veröffentlichte gestern einen Brief des ehemaligen Flottenadmirals Elmar Schmähling, in dem ihm dieser Erfolg im Streit um die grüne Außenpolitik wünscht. „Ich halte die von Fischer und Sager vertretene Position zur Verwendung militärischer Gewalt für vordergründig, naiv und realitätsfremd“, heißt es darin. Den grünen Realpolitikern wirft der gewendete Exadmiral vor, sie erteilten „dem Militär und dem Militarismus schlechthin die Generalabsolution, ob sie es wollen oder nicht“. Hans Monath