Dumpfbraune Polizistenverse

■ Ein Polizeibeamter der Davidswache in Hamburg verfaßte und verteilte einen Gedichtband mit faschistoiden Reimen

Hamburg (taz) – „Liegt der Täter dann im Blut, Mann, tut uns das gut.“ Gerade hatte Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) den Polizeiskandal beerdigt und die Übergriffe zu Einzelfällen erklärt, da veröffentlicht ein Beamter des berühmt-berüchtigten Kiezreviers Davidswache auf 112 Seiten sein dumpfbraunes Poesie- Album. Die im Selbstverlag herausgegebene Broschüre hatte der 40jährige unter seinen Kollegen gratis verteilt. Dem Beamten, der sofort in den Innendienst strafversetzt wurde, droht nun die Suspendierung oder Entlassung.

„Halt Polizei“ heißt die Skandalbroschüre, die der Freund und Helfer, seit neun Jahren auf dem Kiezrevier und unter Kollegen nicht beliebt, unter dem Pseudonym „Brain“ verfaßte. Beispiel: „Hast du mal gehauen, mußt du schnell um dich schauen. Gott sei dank, keiner hat's gesehen, nun kann's weitergehen. Schnell mit dem Täter in den Wagen, dort kann er ruhig klagen.“

Kaum waren die Lokalmedien auf die Hetzschrift aufmerksam geworden, ging die Polizeiführung in die Offensive. Die Reime seien „menschenverachtende Sprüche“, die in „übelster Weise Bürger verunglimpften“. Polizeipräsident Semerak: „Es ist unverständlich, mit welcher Geisteshaltung dieser Beamte Tag für Tag seinen Dienst versehen hat.“ Die starken Worte zielen offenkundig auf Schadensbegrenzung. Der Polizist ist kein unbeschriebenes Blatt. Erst vor vier Wochen weigerte er sich, die Anzeige einer Afro-Deutschen aufzunehmen. Die junge deutsche Frau wollte einen Pächter anzeigen, weil man ihrem Bruder den Zutritt zu einer Kiezdisco verwehrt hatte. Der Polizist fand das völlig rechtmässig. Seit Jahren prahlt der 40jährige überdies, den Kiez „kanakenfrei“ machen zu wollen.

Der Fall wird ein Nachspiel haben. Polizeipräsident Semerak hatte bereits vor knapp zwei Wochen von dem Pamphlet Kenntnis – der Polizist selbst hatte ihm ein Exemplar überreicht. Kai von Appen