Sind Frauen die Verliererinnen?

■ Wem geht es bei betrieblichen Sparprogrammen als erstes an den Kragen? Frauenkonferenz der Energieversorgungsunternehmen tagte in Bremen BrBremendVereinbarkeit von Frauenförderung und betrieblicher Umstrukturierung

Lean Managagement – ist das nur ein schönes Wort für Rationalisierung oder der Einstieg in eine neue Unternehmens- und Arbeitskultur? Und: Was bedeutet es für Frauen, wenn ihr Betrieb umstrukturiert, Hierarchien abbaut und dezentralisiert, auf die Eigenverantwortung seiner MitarbeiterInnen setzt und statt Betriebsgehorsam Flexibilität und Kooperationsbereitschaft verlangt? Sind Frauen tatsächlich die ersten, die gehen müssen, und die letzten, die befördert werden?

Frauenbeauftragte, GewerkschafterInnen und Sozialwissenschaftlerinnen, Betriebsrätinnen und Vorständler aus der Branche der Energieversorgungsunternehmen diskutierten gestern diese Frage ebenso leidenschaftlich wie kontrovers. Über 100 überwiegend weibliche ZuhörerInnen hatten sich im großen Saal des Bremer Rathauses versammelt, um an der Podiumsdiskussion und gleichzeitigen Abschlußveranstaltung der 5.Frauenkonferenz der Energieversorgungsunternehmen teilzunehmen. Fazit: Es gibt viel Hoffnung, noch mehr Ängste und wenig Gewißheit, wie sich die allgemeinen betrieblichen Umstrukturierungsprozesse auf die Beschäftigung von Frauen auswirken werden.

Für Ilona Schulz-Müller, hauptamtliche Gewerkschaftsekretärin aus Hamburg, heißt Lean Managament zuallererst Rationalisierung und Stellenabbau, und das schwerpunktmäßig im mittleren Mangement. Das betreffe deutlich mehr Frauen als Männer. So wohlklingende Begriffe wie flache Hierarchien, Eigenverantwortlichkeit und Flexibilität dürften nicht darüber hinwegtäuschen, daß die unternehmerische Motivation Kostenminderung und Effizienzsteigerung seien. Auch von der Auslagerung untergeordneter Dienst- und Serviceleistungen, im Jargon der Wirtschaftsmanager als –Outsourcing– bezeichnet, seien überwiegend Frauen betroffen.

Gerhard Jochum, Vorstandsmitglied der Bremer Stadtwerke, sieht für die Frauen weniger schwarz. Im Zuge der Umstrukturierungen veränderten sich auch die Anforderungen an den Führungsstil: Sozialkompetenz und Ganzheitlichkeit seien in Zukunft weitaus mehr gefordert als bisher. „Das sind doch eher weibliche Fähigkeiten“, so Jochum.

Was wiederum Birgit Geissler, Soziologin an der Fachhochschule Hamburg aufbrachte: Soziale Kompetenz und Ganzheitlichkeit sei bislang die Stärke untergeordneter Positionen, und vertrage sich selten mit Macht- und Führungansprüchen. „Die typische Stellvertreterin für soziale Kompetenz und Ganzheitlichkeit ist die klassische Sekretärin, die auch noch nach Feierabend einen auf den Schreibtisch geknallten Brief tippt, und damit ihre persönlichen Interessen zurücksteckt.“

Modernes Management bricht mit alten Denk-und auch Machtstrukturen, und das, kann auch zum Nutzen der Frauen sein. Ulrike Hauffe, Landesfrauenbeauftragte Bremens, warnte aber davor, sich nicht ganz konkret für Frauen einzusetzen. „Von allein kommt keine Frau in eine Führungsposition. Bislang sieht es doch so aus, daß die Männer bewußt befördert und die Frauen bewußt in der beruflichen Sackgasse gelassen werden.“

Sabine Littkemann