Lärm und Wut

■ „Großangelegte Solidaritätskundgebung gestern im Goethe-Theater/ Pfiffe für Kahrs, Applaus für Piccoli

Es war ja niemand im Saal, der oder die nicht wußte, daß die Sparstunde, die dem Bremer Kulturleben geschlagen hat, mit Sicherheit erst der Anfang von viel Schlimmerem ist: Die Kultursenatorin Bringfriede Kahrs hatte Etatkürzungen von 3,5 Millionen Sparmark angedroht, wenn das Theater – also der Verwaltungsdirektor Rolf Rempe – wider seine Vertragslage (!) nicht freiwillig diese Summe einspare. Ein Aufruf ging durch die Republik und alle alle kamen: Der Präsident der Akademie der Darstellenden Künste Günther Rühle, Hans Kresnik aus Berlin, Friedel Schirmer aus Stuttgart, Wilfried Minks, Andrea Breth, und und und... Das Haus war voll von berühmten und weniger berühmten Leuten, von Theaterleuten und Publikum. Zum zweiten Mal in der gebeutelten Geschichte des Bremer Theaters galt es, einen „Theatertod“ zu verhindern. Sachlich und höflich blieb die Veranstaltung, bis Bringfriede Kahrs leider und Gott sei Dank das Wort erhob. Wäre man nicht dagewesen, man würde nicht glauben, zu welcher „Argumentation“ sich die Kultursenatorin verstieg. Was denn das Gerede vom Theatertod solle, wo sie doch nur mal gefragt habe, ob nicht noch mehr einzusparen wäre? Und 19 SängerInnen und 22 SchauspielerInnen gegen 416 Beschäftigte? „Geht's nicht auch mit weniger Beleuchtungs- und Bühnenproben?“ Da gab–s kein Halten mehr im Publikum. Die Theaterleute uverlangten einen sachkundigen politischen Gesprächspartner (“Wo haben Sie denn Ihre Kenntnisse her?“); einer plädierte dafür, daß die Senatorin wenigstens ausreden dürfe. Als sie die neue Ruhe dazu nutzte, um zu sagen, daß nicht sie das Tanztheater schließe, sondern einzig und allein der Intendant, war erneut kein Halten mehr. „Warum gehen Sie nicht in den Clinch mit den anderen SenatorInnen?“

Nobert Kentrup verwahrte sich gegen einen Vergleich mit der Shakespeare Company, Günther Rühle argumentierte gegen das „langsame Erwürgen in der zweiten Runde“, daß der Staat, wenn er denn einer sein wolle, auch die entsprechenden Institute haben müsse: „In Berlin haben sie begriffen, was sie angerichtet haben mit der Schließung des Schillertheaters“. Helga Trüpel verlangte die Einhaltung des mit ihr geschlossenen Vertrages. Am Ende schien die Senatorin begriffen zu haben, daß man vielleicht so politisch handeln kann oder auch muß, aber nicht argumentieren kann. Und sogar Oliver Reck war da: „Mit Eigentoren macht man keine Spiele.

Ute Schalz-Laurenze