■ Ost-Timor: Kein Frieden auch nach 20jähriger Besetzung
: Ein nützlicher Unruheherd

Ein widerspenstiges Halbinselchen im Reiche der 13.000 Inseln, einige tausend undankbare Untertanen im Staate der 180 Millionen Menschen: das kleine Ost-Timor stiftet Unruhe für die indonesische Besatzungsmacht. Als die Truppen Jakartas vor zwanzig Jahren in die ehemalige portugiesische Kolonie einmarschierten, glaubten sie an ein leichtes Spiel. Daß es anders kam, lag nicht nur an dem beharrlichen Widerstand der Timoresen oder daran, daß die UNO die indonesische Annexion Ost-Timors nie anerkannte. Es liegt auch daran, daß Indonesiens Militär von der Unruhe in Ost-Timor auf Dauer profitiert.

Bis 1991, als indonesische Soldaten in der osttimoresischen Hauptstadt Dili bis zu 200 friedliche Demonstranten erschossen, hatte sich außer einigen Menschenrechtsgruppen und versprengten Exil-Timoresen kaum jemand für das Schicksal des Territoriums interessiert. Die südostasiatischen Nachbarländer, die zum Teil selbst mit rebellierenden Minderheiten zu tun hatten, zeigten kaum Neigung, Indonesien wegen Ost-Timor zu kritisieren. Andere Staaten wie Australien blickten bald begehrlich auf die Bodenschätze unter dem Meer bei Ost-Timor und hofften auf gute Geschäfte mit der indonesischen Regierung. Auch Deutschland fand Indonesien „spannungsfrei“ genug, um dorthin U-Boote zu liefern.

Statt aber während dieser Zeit mit den Führern des Widerstands in Ost-Timor zu verhandeln und ein ernstgemeintes Autonomieangebot an die „gemäßigten“ Kräfte im Land und im Exil zu machen, setzte Jakarta unvermindert auf reine Repression. Alle Versprechungen der vergangenen Jahre, die militärische Besetzung zu lockern und die indonesischen Soldaten abzuziehen, blieben Makulatur. Immer noch sind etwa 17.000 „Sicherheitskräfte“ in Ost-Timor stationiert. Als sei dies nicht genug, schürt Jakarta die Unzufriedenheit durch eine gezielte Einwanderungspolitik aus anderen Regionen Indonesiens, wodurch sich die Timoresen zur Minderheit im eigenen Land gemacht fühlen. Indonesiens Generäle versuchen also gar nicht, das „Problem“ aus der Welt zu schaffen. Nichts läge ihnen ferner, als Ost-Timor oder ähnliche „Unruheregionen“ zu befrieden. Sie müßten sonst fürchten, ihre beherrschende Rolle im Staat an zivile Politiker zu verlieren. Nur internationaler Druck kann daher dafür sorgen, daß dieses Kalkül für die indonesische Regierung zu teuer wird. Jutta Lietsch