„On-line-Trekking“

■ Im Wasser, zu Fuß und in der Luft durch die Salzkammergut-Landschaft

Die Methode ist mindestens so alt wie der „Wilde Westen von Amerika“ – vermutlich geht sie jedoch zurück auf die ersten Besiedlungsbewegungen der Menschheit. Und sie ist so einfach wie natürlich: Da, wo man hin will, geht man schnurstracks drauf zu. Wiederentdeckt wurde die Methode in den USA, wo die Nationalparks mit ihren gigantischen Ausmaßen und ohne Wegezeichen an den Bäumen und Felsen diese Naturerkundung nahelegen.

Da es heute Landkarten gibt, beginnt die Reise am Tisch. Man legt die Karte vor sich, sucht seinen momentanen Standort, entscheidet sich für ein Ziel und zieht dann mit dem Lineal einen kerzengeraden Strich. Der Rest ist gute Planung, Training und schließlich die Ausführung der Vorgabe: Immer so nah wie möglich an der auf der Karte eingezeichneteten Linie bleiben. Daher auch der Name: „On line“. Erlaubt sind dabei alle möglichen und unmöglichen Transportmittel. Das österreichische Ehepaar Zopf hat die umweglose Feld-, Wald-, und Wiesendurchquerung mit nach Europa gebracht und eine für ihren Abenteuerclub adäquate Umsetzung gefunden. Die Heimat der Zopfs, das Hochgebirge des Salzkammerguts, birgt dafür besondere Reize.

„Ein wenig mulmig ist mir schon“, bekennt der 24jährige, bierbauchbewehrte Manfred aus Wuppertal, und seine figürlich zu ihm passende Freundin Carmen nickt. Aber bei Alois Zopf sind die beiden in den besten Händen. Lois kennt die Landschaft seit Jahrzehnten, hat sein Hobby zum Beruf gemacht und führt seitdem naturbegeisterte und erlebnishungrige Menschen zwischen acht und achtzig durch die Schluchten, Berge und Täler seiner Heimat. Er arbeitet mit ortsansässigen „Abenteuerunternehmern“ zusammen. Daraus hat er ein erfolgreiches Konzept entwickelt, das seine Grenzen nur in der Witterung und im Wasserstand der Flüsse findet. Hochsaison für „On-line-Trekking“ sind deshalb Frühling und Frühsommer, weil dann die Flüsse das meiste Wasser führen, und da macht die Durchquerung mit dem Kanu am meisten Spaß. „On-line- Trekking“ wird dabei zur sportlichen Herausforderung, zum „Kick mit Adrenalinstoßgarantie“.

Die Auffahrt mit der Dachsteinseilbahn zur Schöbergalm ist gigantisch. Bald danach kommt der krasse Gegensatz. Abseits bekannter Wege wird die Mammuthöhle durchquert, mit über 1.200 Metern Höhenunterschied eine der größten Europas. Dome mit bis zu hundert Metern Durchschlupfbreite geben den Teilnehmern das Gefühl für Weite und Enge unter Tage. „Wie gut, daß nicht nur Bier flüssig ist, sondern mein Bierbauch auch“, witzelt Manfred und schwabbelt sich durch die Engpässe in der Höhle. Danach geht es auf die helle Bergwiese zum Wettbewerb im Bogenschießen. Jeder drei Pfeile, jeder drei Schüsse auf die Gams aus Plüsch. Carmen erlegt das ausgestopfte Geschöpf mit einem Blattschuß.

Nach Dunkelheit, Licht und Luft dann am nächsten Tag das Element Wasser pur. Eine erfahrene Tauchschule weist die „On-line-Trekker“ in die nasse Materie ein, damit der Hallstädter See im „Aquazap“, einer Art am Seil gezogenem Unterseeboot, sicher auf zehn bis fünfzehn Meter Tiefe „unterquert“ werden kann. Nach einer Talfahrt mit dem „Raft“, dem Gummifloß, und einer anschließenden Kajakfahrt durch eine wilde Schlucht ist der größte Teil der 50 Direktkilometer geschafft.

Am dritten Tag wird das Element Luft erkundet. Keiner der Teilnehmer hatte bisher am Paraglider gehangen. Aber alle lassen sich auf den Gleitschirm ein, und jeder macht seine „Meter“ am Übungshang. Die einen mit lautem Juchzen, die andern mit feuchtgeschwitzten Händen. Zum Schluß ist sich die Gruppe einig: So reizvoll und herausfordernd hat noch keiner 50 Kilometer Strecke zurückgelegt. Dabei brauchte es nur einen Körper mit „durchschnittlicher Sportlichkeit“. Roberto Hohrein.

Infos: Abenteuer-Club Salzkammergut, A – 4822 Bad Goisern 327, Tel.: 0043-61358254.