„Zustände wie in einer Bananenrepublik“

■ Anfechtung der Stichwahl zum Oberbürgermeisteramt in Augsburg

Augsburg (taz) – Von „Zuständen wie in einer Bananenrepublik“ war viel die Rede auf dem Gerichtsflur im Augsburger Verwaltungsgericht. Dort mußte sich gestern die 3. Kammer mit der Wahlanfechtung der Oberbürgermeisterstichwahl vom Mai dieses Jahres befassen. Serienweise war es dabei zu Verstößen gegen die Gemeindewahlordnung (GWO) gekommen.

So wurden beispielsweise die Stimmzettel nicht versiegelt, wie es vorgeschrieben ist, Wahlvorstände verließen ebenso vorschriftswidrig das Wahllokal, und auch das erforderliche zweite Nachzählen unterblieb in einer ganzen Reihe von Wahllokalen. Das alles flog erst durch die Beanstandungen der SPD auf.

Zunächst war die 38jährige Juristin Beate Merk von der CSU, eine enge Mitarbeiterin von Landrat Franz Josef Schick, mit einem 44-Stimmen-Vorsprung vor dem Gegenkandidaten Gerd Hölzel (SPD) zur Wahlsiegerin ausgerufen worden. Dann mußte nachgezählt werden, und bei dieser Nachzählung hatte – wie zunächst verschwiegen wurde – der SPD-Mann plötzlich mit einer Stimme Vorsprung die Nase vorne. Doch Landrat Schick veranlaßte nach diesem Schock eine neuerliche Zählung.

Ein beflissener Kommunalaufseher hatte ihn vom Ergebnis der Nachzählung in Kenntnis gesetzt und ihm mitgeteilt: „Herr Landrat, halten Sie sich fest, das völlig Unerwartete ist eingetreten. Nach unserer heutigen Auszählung liegt Hölzel mit einer Stimme vorn.“ Also wurde die Prozedur wiederholt, es wurde noch mal gezählt, einige Stimmzettel wurden auf ihre Gültigkeit hin überprüft und neu bewertet.

Und siehe da, plötzlich stand wieder die CSU-Kandidatin Beate Merk als Siegerin da – mit einem hauchdünnen Drei-Stimmen-Vorsprung.

Das Augsburger Verwaltungsgericht will nun am Freitag sein Urteil verkünden. Derweil laufen bei der Staatsanwaltschaft Memmingen noch immer die strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Wahlfälschung. Klaus Wittman