Regina Jonas, die erste deutsche Rabbinerin

Regina Jonas war die erste Frau, die in Deutschland zur Rabbinerin ordiniert wurde. Das war fast genau vor sechzig Jahren, am 27. Dezember 1935. Sieben Jahre später wurde sie von Berlin nach Theresienstadt deportiert, im August 1944 in Auschwitz ermordet. Ihr Name war fast ein halbes Jahrhundert vergessen, in den einschlägigen Studien zur Geschichte der Juden in Deutschland taucht er nicht auf. Erst mit der Berufung von Bea Wyler in Oldenburg erinnerte man sich ihrer wieder, zu ihrem Todestag erschien in der Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung ein langer Nachruf.

Die Ordination von Regina Jonas war im Deutschland der dreißiger Jahre heftigst umstritten. Studiert hatte sie an der liberalen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. Als 28jährige legte sie dort 1930 ihr Examen als Religionslehrerin ab, unter anderem mit einer halachischen Arbeit über die Frage „Kann eine Frau das Amt des Rabbiners bekleiden“?. Als sie zum gleichen Thema beim Jüdischen Frauenbund Berlin einen öffentlichen Vortrag hielt und die Lehrbefähigung für Frauen aus der Tora und dem Talmud ableitete, hielt es das Jüdische Familienblatt für notwendig, in einer langen redaktionellen Nachbemerkung ihre Interpretationen richtigzustellen. „Man soll sich berufen auf wen auch immer, aber nicht auf einzelne Sätze und Beispiele aus einem Buch (Tora), das man sonst nicht respektiert ... und auch nicht auf den Talmud, von dem jeder weiß, daß er selbst einen solchen profanen Frauenvortrag verboten hätte“.

Obwohl Regina Jonas mit dieser Arbeit die formale Voraussetzung für eine Ordination besaß, fand sich erst 1935 und in Offenbach ein liberaler Rabbiner, der bereit war, ihr die wirkliche Lehrbefähigung und Ermächtigung zur Entscheidung religionsgesetzliche Fragen zu erteilen. Von den Orthodoxen wurde sie rundum abgelehnt und der mutige Rabbiner Max Dienemann heftig angegriffen. Eine eigene Gemeinde erhielt sie nie. Erst als durch die Repression der Nationalsozialisten viele Rabbiner ins Ausland flüchteten, wurde sie von Gemeindevorständen in Berlin und anderen Orten eingeladen zu predigen. Zwischen 1940 und 1942 betreute sie Gemeinden in Bremen, Braunschweig, Hamburg (Tempelverein), Frankfurt (Oder), Stolp/ Pommern, Stendal, Wolfenbüttel. Zeitweilig amtierte sie in der heute orthodoxen Gemeinde Joachimstaler Straße in Berlin. Zeitzeugen berichten, daß sie in Theresienstadt bis zu ihrem Transport nach Auschwitz jüdisches Wissen weitergab. Anita Kugler