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Das ist Spitze

■ Das Bremer Focke-Museum entdeckt eine textile Kostbarkeit wieder – Ausstellung ab Sonntag

Wenn das die Spitzenklöpplerin wüßte – sie wäre selig. Endlich werden die Produkte ihrer Fingerfertigkeit aus dem Dunkel der Truhen und Schränke befreit und in der Ausstellung „Spitzenstücke – Zur Kulturgeschichte einer textilen Kostbarkeit“ frisch gelüftet. Am Sonntag eröffnet im Haus Riensberg des Focke-Museums eine Schau mit Spitzenkunst aus Bremer Besitz und anderen Beständen.

Des Staunens kann man sich hier kaum erwehren: Wie bei den Spinnen, alles aus einem Faden. Und daher kaum bezahlbar. Das ist auch der Grund, warum die Spitze, außerhalb touristischer Hochburgen, kaum noch Verwendung findet – die Handarbeit ist höchst arbeitsaufwendig und wird nicht mehr entsprechend geschätzt.

Bis zur Französischen Revolution und noch einmal zur Jahrhundertwende galten die filigranen Textilgespinste als Statussymbole. Stolz trug man die Kragen, Manschetten, Besätze und Tücher wie Schmuckstücke. Dem entsprach auch der Preis. Für einen kostbaren Kragen, an dem die Spitzenklöpplerin wochenlang arbeitete, mußte man noch im letzten Jahrhundert ungefähr 400 Reichsmark ausgeben. Das entsprach dem Monatseinkommen eines leitenden Angestellten oder dem Preis für eine gute Brosche.

Kein Wunder also, daß man die empfindliche Spitze sorgsam behandelte und von Generation zu Generation vererbte. Was ab Sonntag im Haus Riensberg zu sehen ist, stammt zum großen Teil aus dem Nachlaß des Spitzenhändlers Franke, der auch in Bremen ein Geschäft hatte. Zu sehen sind prachtvolle Kostüme der Jahrhundertwende, Fächerblätter, Besätze, Kragen und Tücher. Ergänzt wird die Schau mit Leihgaben aus Hamburger und Dortmunder Sammlungen. rau

„Spitzenstücke“, Eröffnung Sonntag, 11.30 Uhr, bis 18.2.1996 im Focke-Museum

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