Kommentar – vgl. Seite 30
: Dicke Backen

■ Handelskammer nicht gegen Schulden

Was hatte doch die Handelskammer für dicke Backen. Einmal im Monat ließ ihr Präses Josef Hattig während der vier Jahre Ampelkoalition Druck ab und pustete seinen Protetst über mangelhafte Umsetzung des Sanierungsprogramms als Kommentar in der Handelskammer-Zeitschrift „Wirtschaft in Bremen“ in die Welt. So zum Beispiel im Dezember 1993: „Es besteht durchaus die Gefahr, daß das Schuldenvolumen Bremens trotz der 10-Milliarden-Alimentation am Ende des Sanierungszeitraumes fast ebenso groß ist wie heute. Deprimierende Aussichten!“

Erst jetzt stellt sich heraus, worüber die Bremer Wirtschaftslobby damals tatsächlich deprimiert war. Gestern ermutigte Präses Hattig die Große Koalition sogar dazu, den Schuldenberg noch weiter aufzutürmen. Jedenfalls dann, wenn die neuen Kredite noch auf das sowieso schon 4,8 Milliarden Mark dicke Investitions-Sonderprogramm draufgelegt würden.

Was die Handelskammer zu Ampelzeiten schäumen ließ, war nicht die Verschuldung, sondern der zumindest punktuelle Versuch, Bremen mit Investitionen auf einen Kurs ökologischer Erneuerung zu bringen. Mit der Großen Koalition fließen Staatsinvestitionen jetzt wieder in den Beton für breite Straßen und üppige Gewerbeflächen. Und prompt läßt die Wirtschaft alle Sparsamkeit fahren und fordert noch mehr Geld für ihre dicken Backen. Dirk Asendorpf