■ Schließung der Listen für die Westbank- und Gaza-Wahlen
: Der Sonnenkönig

Niemals war Jassir Arafats Popularität so groß wie heute. Schien er zu Golfkriegszeiten als Verbündeter Saddam Husseins reif für den historischen Abfallhaufen, so sonnt er sich heute im staatsmännischen Glanz. Auch die Wahlen zur palästinensischen Autonomieverwaltung werden an Arafats Position als unangefochtenes Oberhaupt aller Palästinenser nichts ändern. Tritt doch die Opposition geschlossen nicht an.

Dabei täte Arafat Konkurrenz nur gut. Der PLO- Chef gebärdet sich als Autokrat. Seitdem er mit seinem Apparat nach Gaza gezogen ist, gibt es keinen Brief, kein Formular, keine Akte, die Arafat nicht persönlich absegnen will. Seine Herrschaftsallüren haben selbst engste Vertraute vergrault. Sie können die Autonomieverwaltung bis zum Stillstand lähmen.

An diesen Umständen hätten vor allem Arafat- Kritiker aus den ehemals und den immer noch besetzten Gebieten etwas ändern können. Denn der PLO- Chef stützt sich vor allem auf Vertraute, die ihre Kadererfahrungen im Exil gemacht haben. Die PalästinenserInnen im Gaza-Streifen und in der Westbank haben dabei zu Zeiten der Intifada lernen müssen, sich ohne zentralistische Führung zu organisieren und Bündnisse mit politischen Konkurrenten einzugehen.

Eine Teilnahme der Oppostion an den Wahlen hätte einen Sieg Arafats nicht gefährdet, wohl aber hätte die vor allem im Gaza-Streifen beheimatete islamistische Hamas einige Erfolge erzielt, und auch die linken Konkurrenten PFLP und DFLP wären in ihren Hochburgen in der Westbank nicht leer ausgegangen. Wenigstens hätten in dem palästinensischen Rat dann ein paar Delegierte gesessen, in deren Kopf sich mehr findet als nur Loyalität zum Chef.

Doch nun werden in dem Gremium Arafat-Kritiker nur in Gestalt einiger gemäßigter Fatah-Dissidenten vertreten sein. Das Gros der Opposition bleibt ausgeschlossen. Diese Entscheidung dürfte zu weiten Teilen außerhalb Palästinas gefallen sein. So drängte die Hamas-Führung im jordanischen Exil ihre Aktivisten vor Ort zur Wahlabstinenz, und auch in den DFLP- und PFLP-Büros in Damaskus war die Stimmung weit deutlicher gegen den Urnengang als in der Westbank. Zum einen fürchtete man ein zu schlechtes Abschneiden der eigenen Organisation. Zum anderen ging es wieder mal ums Prinzip: Wer den Frieden mit Israel ablehne, dürfe sich nicht durch Teilnahme an den Wahlen die Finger schmutzig machen. Diese hilflose Argumentation dient nur dazu, Arafats Weg zum Sonnenkönig zu ebnen. Thomas Dreger