Säbelrasseln des Parteisoldaten

■ CDU-Landowsky will Gelder für das Künstlerinnenprojekt „Goldrausch“ kürzen. Nur außerhalb von Berlin begeistert man sich für die Fortbildungsstätte

Scharfmacher gibt es in jeder politischen Partei. Ihre Aufgaben sind: einmal die eigenen Leute bei der Stange zu halten, zum anderen den Konkurrenzparteien als Haßobjekt zu dienen. In der Berliner CDU füllt diese Doppelfunktion seit langem und zur großen Zufriedenheit aller Beteiligten Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky aus.

Vor kurzem meldete sich der christdemokratische Haudrauf wieder mal zu Wort. Um das Dauerdefizit des Berliner Landeshaushalts (1995: 2,9 Milliarden Mark) abzubauen, könne man bei „linksalternativen“ Projekten „Millionen“ einsparen, verriet Landowsky der Welt am Sonntag (die in ihrer unnachahmlichen Art daraufhin titelte: „CDU will Kürzungen auch bei Subventionen für Feministinnen und kriminelle Jugendliche“).

Eine der Initiativen, die Landowsky in Zukunft für entbehrlich hält, ist das Künstlerinnenprojekt „Goldrausch“ in der Dircksenstraße im Bezirk Mitte. Das mag zunächst einmal erstaunen. Bislang nämlich galten die Verdienste dieses seit 1990 bestehenden Fortbildungsprojekts als unbestritten. Dort lernen Künstlerinnen, was in der Ausbildung an den Kunstakademien sträflich vernachlässigt wird: Berufspraxis.

Ziel von Goldrausch ist es, Frauen zu helfen, sich auf dem bekanntermaßen nach wie vor männerfixierten Kunstmarkt durchzusetzen. Vier Monate lang büffeln die fünfzehn Teilnehmerinnen des kostenlosen Förderkurses zweimal in der Woche Künstleralltag, sprich: Kalkulation, Steuererklärung, Öffentlichkeitsarbeit. Zum Schluß winken Ausstellung und – was noch wichtiger ist – ein Katalog für jede Künstlerin.

Berliner Know-how

Eine Kosten-Nutzen-Rechnung mit vergleichsweise traumhaftem Ergebnis, die sich in der Praxis längst bewährt hat. Mittlerweile arbeitet diese bundesweit bislang einzigartige, vom Senat für Arbeit und Frauen mit insgesamt 370.000 Mark pro Jahr finanzierte Einrichtung so effektiv, daß man in Städten wie Düsseldorf oder München das Berliner Know-how übernehmen will.

So betrachtet, wäre es naheliegend, den Umstand, daß Klaus- Rüdiger Landowsky das Goldrausch-Projekt am liebsten absägen würde, als Übersprungshandlung eines notorischen Frauenfeindes ad acta zu legen. Frei nach dem Motto „Er weiß es halt nicht besser“. Andererseits: Landowsky ist nicht irgendein Hinterbänkler. Da sich die CDU derzeit heftig um die Übernahme des Kulturressorts bemüht, bekommt Landowskys Rundumschlag möglicherweise mehr programmatisches Gewicht, als wünschenswert sein kann. Denn auch beim Kultursenat existiert ein Projekt, das sich die Förderung von Künstlerinnen ausdrücklich auf die Fahnen geschrieben hat.

Eingerichtet wurde die Arbeitsgruppe „Kulturelle Aktivitäten von Frauen“ vor fünf Jahren von Kultursenator Ulrich Roloff-Momin. Ausgestattet mit 1,29 Millionen Mark pro Jahr, verteilt die AG Projektgelder an Künstlerinnen aus den Bereichen Theater, Musik und bildende Kunst, vergibt zwischen drei und neun Monate dauernde Stipendien und stellt überdies Kontakte zu ähnlichen Einrichtungen im Ausland her.

Über mangelnde Nachfrage können sich Ingrid Wagner-Kantuser und ihre zwei Mitarbeiterinnen nicht beschweren. Allein um die Unterstützung von Einzelprojekten wie Ausstellungen oder Theateraufführungen bewerben sich jährlich rund 500 Berliner Künstlerinnen.

Keine Gießkanne

Doch was diese Initiativen besonders auszeichnet: Hier wird nicht nur punktuell gearbeitet. Die Gelder werden nicht nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet; das würde wie in einer Wüstenoase nach dem lang ersehnten Regen kurzzeitig blühende Landschaften schaffen, die dann genauso schnell wieder vergingen.

Einrichtungen wie Goldrausch und die AG „Kulturelle Aktivitäten von Frauen“ greifen direkt in bestehende Strukturen ein und versuchen diese schon im Ansatz zu ändern. Für Kultursenator Ulrich Roloff-Momin stand der Wert solcher Maßnahmen außer Frage. Daß das so bleibt, wenn der neue Chef der Berliner Kulturverwaltung ein CDU-Parteibuch in der Tasche hat, darf nach dem jüngsten Säbelrasseln des Parteisoldaten Landowsky getrost bezweifelt werden. Es wird die Zeit kommen, da man den bärbeißigen und vielgescholtenen Roloff-Momin vermissen wird. Ulrich Clewing