Verkehrsminister greift Kranich unter die Flügel

■ Bundesrechnungshof stoppt Millionenauftrag an Lufthansa

Bonn (taz) – Wegen „Verstoßes gegen das Gebot eines fairen Wettbewerbs“ hat der Bundesrechnungshof einen Staatsauftrag an die Lufthansa in Millionenhöhe vorerst gestoppt. Das geht aus einem vertraulichen Bericht der Frankfurter Behörde hervor, der der taz vorliegt.

Das Bundesverkehrsministerium hatte der Lufthansa den Zuschlag gegeben für den Beamten- Shuttle, den täglichen Transport der Bundesbeamten zwischen Bonn und Berlin. Die Staatssekretärsrunde hatte den Großauftrag Ende September schon gebilligt, da bat der Haushaltsausschuß des Bundestags den Bundesrechnungshof den Fall zu überprüfen. Schließlich hält der Bund an der ehemaligen Staatslinie noch immer einen Anteil von 36 Prozent, den er dereinst möglichst profitabel verkaufen will.

Das Mißtrauen der Finanzpolitiker war gerechtfertigt. Der Bundesrechnungshof betrachtet das Vergabeverfahren als „nicht zu rechtfertigende Benachteiligung“ der Fluggesellschaft Germania, die sich ebenfalls um den lukrativen Auftrag beworben hatte. Demnach verlangte das Kölner Charterunternehmen für den Beamten- Shuttle bei der Angebotseröffnung 10 Millionen Mark und war „mit einem Abstand von knapp 7 Millionen Mark zur Lufthansa günstigste Bieterin“. Der Verlauf der darauf folgenden Vergabeverhandlungen läßt sich, laut Bundesrechnungshof, „unzureichend aus den Akten nachvollziehen“. Die Frankfurter Revisoren glauben jedoch, daß „die Bieter die Preise der Mitbewerber kannten“. Jedenfalls reduzierte die Lufthansa ihren Preis zunächst um 20 Prozent für alle Linienflüge, einen Tag vor der Entscheidung nochmals um 14,2 Prozent. Angesichts der „in ihrer Höhe kaum mehr plausiblen Preissenkungen“, haben die Prüfer „Zweifel an der Sorgfalt der ursprünglichen Kalkulation“.

Ganz anders das Verkehrsministerium: Als selbst der im nachhinein eingeräumte Rabatt von rund einem Drittel nicht reichte, um die Lufthansa als günstigsten Bieter auszuweisen, schufen die Ministerialbeamten ein Bewertungskriterium, das in der Ausschreibung gar nicht vorgesehen war: die zügige Abfertigung von Kollegen, die kürzer als geplant am Zielort verweilen. Im Fall Lufthansa ermittelten die Beamten auf diese Weise für jeden vierten Flug eine vermiedene Wartezeit von vermeintlich zwei Stunden. Die Summe rechneten sie zu einem Nutzen von rund 2,8 Millionen Mark zusammen, der vom Angebot der Lufthansa zu subtrahieren sei. Macht 8,2 Millionen Mark gegenüber knapp 10 Millionen Mark der Germania. Auf dieses Kalkül will sich der Rechnungshof nicht einlassen. „Kassenwirksam werden“, so hält er fest, „bei einem Auftrag an die LH nicht 8,2 Mio. DM, sondern etwa 11 Mio. DM.“

Zudem wird das Lufthansa-Angebot nach Ansicht des Bundesrechnungshofes ohnehin „der geforderten Leistung in zwei wichtigen Punkten nicht gerecht“. So könne Lufthansa die geforderte Beförderungsleistung nicht garantieren, auch sprenge der Kranich den geplanten Zeitrahmen der An- und Abflüge „bei fast jedem zweiten Flug“. Insgesamt eine „nicht zu rechtfertigende Benachteiligung eines Bieters, die zudem zu einem Schaden für den Bund führen würde“. Der Rechnungshof empfiehlt deshalb „mit Nachdruck“, die Vergabeentscheidung rückgängig zu machen.

Das Bundesverkehrsministerium will nun seine Vergabe nochmals prüfen. Vorsorglich hat der Bundesrechnungshof darauf hingewiesen, daß er die weitere Entwicklung beobachten werde. Im Januar wird sich der Haushaltsausschuß erneut mit dem Beamten- Shuttle beschäftigen. Bernd Neubacher