Hochkonjunktur im Pfandhaus

Pfandleihhäuser haben zum Jahresende Hochkonjunktur. Wer kurz noch Bares für die Silvesterparty oder die Reise in den Winterurlaub lockermachen will, versucht hier sein Glück. Egal ob Ehering, Kamera oder Auto – versetzt wird nahezu alles, was von Wert ist. Mehr als 1,1 Millionen Bundesbürger holten sich 1995 das „schnelle Geld“ im Leihhaus. Das errechnete der Zentralverband des deutschen Pfandkreditgewerbes. Geschätzter Umsatz der 150 Verbandsmitglieder in diesem Jahr: 600 Millionen Mark – soviel wie noch nie.

Den Weg in eines der 13 Berliner Pfandleihhäuser hat auch ein 58jähriger Graphiker gewählt. Nur zögernd tritt er mit einer originalverpackten Kameraausrüstung an den Schalter in Wedding. „Ich bin das erstemal hier“, gesteht er. Zur Zeit sei er knapp bei Kasse, zum Renovieren seiner wassergeschädigten Wohnung brauche er dringend Geld. Nach wenigen Minuten ist alles erledigt, 600 Mark gibt es für die Kamera.

„Wer einmal hier war und sieht, wie einfach das geht, kommt immer wieder“, erzählt Ute Bahro vom Leihhaus Goebel. Nicht nur sozial Schwache versetzen ihr Hab und Gut. „Das geht durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten.“ Doch mit dem Ergebnis des Tausches sind die Kunden nicht immer zufrieden. „Die Leute sind oft enttäuscht, daß sie sowenig für ihre Wertsachen kriegen.“ Denn der Kaufwert eines Schmuckstücks ist nicht entscheidend bei der Beleihung. Die Stücke werden gewogen, Gold, Silber oder Edelsteine werden zum jeweiligen Tageskurs verrechnet. „Für eine Kette, die 1.000 Mark gekostet hat, gibt's dann vielleicht nur 200 Mark.“

Die traditionellen Kreditinstitute sind für die Pfandleiher keine Konkurrenz. „Wer geht schon wegen 100 Mark zur Bank?“ meint Bahro. „Bei uns geht es darum, schnell und problemlos kurzfristige Engpässe zu überbrücken.“ Der Personalausweis genügt als Sicherheit. Nach drei Monaten muß die Ware wieder abgeholt werden. Neben der Darlehenssumme fällt dann noch ein monatlicher Zins an. Was nicht ausgelöst wird, muß versteigert werden. Silvia Liebrich, dpa