Knabenwunder

■ Caught in the Act spielen in der Arena

„Beim Vögeln erwischt“ ist kein Name, bei dem man sich 6- bis 13jährige im Publikum vorstellt. Auf alle anderen aber scheinen Caught in the Act keine größere erotische oder musikalische Ausstrahlung zu haben. Müssen sie auch nicht. Für jene gibt es die Kelly Family oder East 17. (Take That! ohne Robbie zählen nicht.)

Diese ganze tanzende Softporno-Chippendale-Schwemme überzieht nun die Fernsehstationen und kann allenfalls ganz gut mit dem Hintern wackeln. Caught in the Act sind eines dieser Knabenwunder. Die vier Holländer, die in Interviews auch schon mal sagen, daß sie Angst vor der Dunkelheit haben, steigen täglich in der Beliebtheitsskala hormonverwirrter, sehnsüchtiger Kids. Die blonden 20jährigen wünschen sich romantische Mädchen und hatten ihre erste Liebe meist mit acht Jahren schon hinter sich.

Neben nahezu identischen Stylingtricks sind die Boys-Bands auch musikalisch kaum unterschiedlich. East 17 haben Thunder als Weihnachtsballade ins Rennen geschickt, bei Caught in the Act ist es „I know I will always be there“. Herzerweichende Liedchen, die den Mädchen da draußen zu verstehen geben: Ich bin der Mann, du bist das Mädchen. Ich bin stark, du bist schwach, mir gehört die Welt, dir der Herzschmerz – Balladen, die den sichtbaren Bravo-Sozialisierungsauftrag übers Ohr ins Herz transportieren. Was man da hören kann, unterscheidet sich nicht so sehr von miesen, muffigen 50er- Jahre-Moralstücken und gefällt sich im Playboy-Image nach 007-Format. Hat sich seit Led Zeppelin nix geändert, nur daß Jimmy Page Gitarre spielen konnte und Benjamin und Bastiaan dafür besser tanzen als Robert Plant? Offensichtlich ist die rockende Handwerkernummer bei der Post-Nirwana-Generation nicht so populär.

Dabei haben Lee, Eloy, Benjamin und Bastiaan sich auch von kleinen Discos in große Hallen hochgearbeitet. Genau wie David Copperfield oder Siegfried und Roy. Und ungefährlicher als die Familiensekte Kelly Family sind Caught in the Act allemal. Die Kids, die heute ihre Fans sind, fanden vor Jahren New Kids on the Block gut. Doch ihre Seelen verkaufen sie nicht an die lebensgroße Matell-Simulation. Und sobald Barbie und Ken in den Keller wandern, sind auch „Inflagranti erwischt“ dabei. Waren Bay City Rollers oder Smokey vielleicht besser? Annette Weber

Heute, 19 Uhr, mit Just Friends, Backstreet Boys, Prophet und Camen, Arena, Eichenstr. 4, Treptow