Längst überfällige Diskussion mit Kurden -betr.: "Borttscheller löst Koalitionskrise aus", taz vom 22.12.95

Betr.: „Borttscheller löst Koalitionskrise aus“, taz vom 22.12.95

Als Mitglied der Gruppe, die die Veranstaltung „Kurdisches Exilparlament – eine Chance für eine politische Lösung“ organisiert hat, möchte ich zu der Intention der Veranstaltung und zu den Äußerungen des Innensenators Ralf Borttscheller Stellung nehmen:

Durch eine Diskussionsrunde zwischen Bremer Parlamentariern und Persönlichkeiten aus den Bereichen Wissenschaft, Kirche und Gewerkschaft mit Vertretern des Kurdischen Exilparlaments sollte für Bremen ein Zeichen für Verständigung, für das Gespräch und für die Suche nach politischen Lösungen gesetzt werden, gegen die Diskriminierung und Vorverurteilung von Kurden generell und Sympathisanten der PKK im besonderen, egal wie man zu dieser Organisation steht. Durch die Äußerungen Ralf Borttschellers in der Zeitschrift Focus im Vorfeld des Verbotes des kurdischen Hevalti-Vereines hatte die Diskriminierung von Kurden eine besondere Schärfe erfahren.

Ausgrenzungen sind immer gefährlich. Die jüngste Reaktion des lnnensenators auf obige Veranstaltung spricht eine Sprache, die das Feindbild Kurden völlig undifferenziert weiter zementiert, ohne sich je mit der realen Situation auseinanderzusetzen, eine Sprache, die zur Ausländerfeindlichkeit in Bremen ihren Beitrag leistet und die Eskalierung möglicher Feindschaften zwischen kurdischen und rechten türkischen Organisationen begünstigt. Feindbilder haben noch nie zu einem friedlichen Zusammenleben beigetragen, im Gegenteil: sie gefährden es. Glücklicherweise haben sowohl die Ev. Kirche in Bremen wie auch Vertreter der Grünen und der SPD den Beginn einer Diskussion ermögIicht, von der wir meinen, daß es dringend nötig ist, daß sie fortgesetzt wird.

Yvonne Müller