"Brosamen wie für die FDP"

■ Der Landesschatzmeister der SPD, Klaus-Uwe Benneter, über den Ausgang der Koalitionsverhandlungen und die Gründe gegen eine Senatsbeteiligung: Vertagung der Finanzprobleme und "kein Querschnittsressort" für die

taz: Herr Benneter, werden Sie Ihrer Partei empfehlen, am 17. Januar auf dem Landesparteitag der Koalitionsvereinbarung zuzustimmen?

Klaus-Uwe Benneter: Dieses Papier verstößt klar gegen Auflagen, die uns die Partei mitgegeben hat. Wir haben sehr vernünftig zweieinhalb Tage verhandelt, bis dann die CDU in der Nacht von Donnerstag provokativ ein Papier unter dem verharmlosenden Titel „Vermögensaktivierung“ auf den Tisch legte. Darin wurden umfassende Privatisierungen, Fusionen und Veräußerungen von Wohnungsbaugesellschaften und anderes vorgeschlagen. Wenn man so will, für Sozialdemokraten ein kleiner Horrorkatalog. Man konnte mir nicht einmal erläutern, wie man auf die erhofften Einnahmen von 5 Milliarden Mark kommen will. Statt dem entschieden zu begegnen, hat sich unsere Verhandlungsdelegation mit der CDU darauf verständigt, die eigentlichen Knackpunkte einer Arbeitsgruppe der Koalition zu übergeben. Diese der soll dann bis Ende Mai ihre Ergebnisse vorstellen.

Das ist ja ein Novum in der Geschichte der Großen Koalitionen...

Da war vieles ein Novum. So etwas hätte ich mir in der Tat nicht träumen lassen. Ein absurder Vorgang: Man bildet eine Koalition, ohne die Koalitionsgespräche überhaupt zu einem vernünftigen Ende gebracht zu haben.

Kennen Sie denn schon die Leitlinien der Koalition?

Nein. Die kennt überhaupt keiner aus unserer Delegation. Die sind uns nicht vorgelegt, geschweige denn mit uns abgesprochen worden.

Eine der wesentlichen Punkte war die Schuldenlast des Landes. Bis 1999 sollen 23 Milliarden abgebaut werden.

Die Haushaltskonsolidierung ist auf der Hälfte der Strecke abgebrochen worden. Wir waren auf gutem Wege, aber das Verhalten der Christdemokraten hat das verhindert.

Während Grausamkeiten etwa bei Pflegeleistungen, bei Kita-Kostenbeteiligungen, bei Wohnungsbauförderung verlangt wurde, war die CDU auf der anderen Seite nur bereit, die Gewerbesteuer ab 1998 auf nur 390 Punkt zu erhöhen. Dadurch hat man einen jährlichen Betrag von 250 Millionen Mark, den man schon ab 1996 hätte kassieren können, einfach in den Wind geschlagen.

Was halten Sie von der Ressortverteilung?

Der neue Zuschnitt ist in keiner Weise ausgewogen. Wir haben kein Querschnittsressort und keines, in dem wir prägend in dieser Stadt mitwirken können. Immerhin wurde Bauen und Wohnen gesichert, ein wichtiges Ressort, das aber um Verkehr hätte erweitert werden müssen. Mit solchen Brosamen ist noch früher noch nicht einmal die FDP abgespeist worden.

Wird, wie von Diepgen gewollt, der Senat nun am 25. Januar gewählt?

Sofern die Landesparteitage von SPD und CDU am 17. Januar zustimmen, könnte dann in der darauffolgenden Woche ein neuer Senat stehen. Einige in meiner Partei werden mit Macht die Fortsetzung der Großen Koalition, selbst unter diesen schlechten Bedingungen, durchsetzen wollen. Frei nach dem olympischen Motto: Dabeisein ist alles. Ich werde mit aller Macht versuchen, die Partei vom Gegenteil zu überzeugen. Interview: Severin Weiland