Hilfe für den deutschen Schulalltag

■ Seit zehn Jahren arbeitet der Türkische Elternverein für gleiche Bildungschancen

Jeder dritte türkische Jugendliche hat keinen Schulabschluß. Vor zehn Jahren sah es allerdings noch wesentlich schlimmer aus: Da beendete nämlich nur die Hälfte der jungen TürkInnen ihre Schullaufbahn. Zahlen, für die sich der Türkische Elternverein auf die Schulter klopfen kann, sich aber auch sagen muß: „Trotz allem Erfolg gibt es noch viel zu verbessern, um gleiche Bildungschancen herzustellen.“ Diese Bilanz zog der Gründungsvorsitzende Ertekin Özcan gestern anläßlich der zehnjährigen Existenz des Vereins.

Auf der Jubiläumsfeier am Nachmittag erhielten 17 Personen wegen ihrer Verdienste um die Integration türkischer Jugendlicher eine Anerkennungsurkunde, darunter die Ausländerbeauftragte Barbara John, die Schöneberger Stadträtin Karla Werkentin und der ehemalige Kreuzberger Stadtrat für Volksbildung, Dirk Jordan.

Der Türkische Elternverein wurde am 23. November 1985 gegründet, um die Situation für Kinder und Schüler in Berlin zu verbessern. Im Verhältnis zu anderen Minderheiten, so hatten die 37 Gründungsmitglieder das Gefühl, kämen die türkische Kinder und Schüler im deutschen Schulalltag besonders schlecht weg.

Der Verein hat seinen Sitz in der Oranienstraße in Kreuzberg. Hier ist ein Beratungs- und Kommunikationszentrum für türkische Eltern und Schüler eingerichtet worden. Das bedeutet: Eltern könnnen sich beraten lassen (1995 über 500 persönliche und etwa 5.000 telefonische Beratungen); Schülern wird täglich bei den Hausaufgaben geholfen, ein besonderer Förderunterricht in den Fächern Mathe, Deutsch und Englisch wird angeboten, Nachhilfelehrer werden vermittelt. Das Kommunikationszentrum organisiert etwa 20 Info- Abende im Jahr und einmal im Monat findet eine Berufsberatung statt. Darüber hinaus unterhält der Verein in Moabit eine Kita für deutsche und türkische Kinder. Die Projekte, Kita wie Kommunikationszentrum, werden von der Sozialverwaltung finanziert. Der Verein hat mittlerweile 300 Mitglieder.

Nach Mete Eksi, einem Schüler, der im Herbst 1991 von Skins mit Baseballschlägern zu Tode geprügelt wurde, hat der Verein zusammen mit der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen Fonds benannt. Dieser Fonds zeichnet einmal im Jahr Menschen aus, die sich für das „friedliche und multikulturelle Zusammenleben deutscher und nichtdeutscher Jugendlicher“ eingesetzt haben.

Der Türkische Elternverein, der seit zwei Monaten auch bundesweit organisiert ist, setzt sich für zweisprachige Erziehung ein. Die deutsch-türkische Europaschule in Kreuzberg, die seit zwei Wochen versuchsweise zwei Vorschulklassen betreibt, wird jetzt besonders unterstützt. Christoph Oellers