Neustart zum Frieden

■ Der UN-Vermittler für Afghanistan ist optimistisch. Anlaß dazu hat er kaum

Berlin (taz) – Nach anderthalb Monaten Abwesenheit aus der Region ist am Wochenende der UN- Vermittler für Afghanistan, Mahmoud Mestiri, zu einer neuen Friedensmission aufgebrochen. Nachdem er am Wochenende in Pakistan Vertreter verschiedener afghanischer Fraktionen und in Kabul „Interimspräsident“ Burhanuddin Rabbani getroffen hatte, erklärte der ehemalige tunesische Außenminister, er sei „gedämpft optimistisch“, diesmal den schon über 16 Jahre andauernden Bürgerkrieg beenden zu können, weil er eine „gewisse Entwicklung“ sehe. Sein nächstes Reiseziel ist Kandahar, die Hochburg der von Pakistan unterstützten Taliban- Miliz.

Dort dürfte seine Aufgabe schon schwieriger werden. Zu Jahresende hatte ein Sprecher der angeblichen Studentenbewegung erklärt: „Die Zeit für Verhandlungen ist vorbei.“ Es folgte ein tagelanger Raketenbeschuß Kabuls, bei dem über 50 Menschen starben. Die Taliban wiesen auch einen Vier-Punkte-Plan des Kabuler Oberkommandierenden, Ahmad Schah Massud, zurück, der am letzten Mittwoch allen Rabbani-Gegnern einen Waffenstillstand und einen Gefangenenaustausch, die Aufhebung der Kabul-Blockade und Verhandlungen vorschlug.

Auch die zweite Anti-Rabbani- Fraktion, der „Oberste Koordinierungsrat“ des Usbeken-Warlords Abdurraschid Dostam und des Radikalislamisten Gulbuddin Hekmatjar, sagte nein. Sie will Gesprächen erst zustimmen, wenn Rabbani zuvor seine schon dreimal eigenmächtig verlängerte Amtszeit beendet und zurücktritt.

Parallel zum Massud-Plan und zur Mestiri-Reise war auch Irans Außenminister Ali Akbar Welajati in Sachen Afghanistan unterwegs. Letzten Mittwoch reiste er überraschend nach Islamabad, wo er Staatspräsident Faruq Leghari, Premierministerin Benazir Bhutto und seinen Amtskollegen Sardar Assef Ahmed Ali über Teheraner Kontakte zu den afghanischen Fraktionen – inklusive der Taliban – unterrichtete. Welayati will dabei auf allen Seiten das Bekenntnis zu einer friedlichen Lösung gehört haben. Unklar ist, ob Massuds Plan und Welayatis Vorstoß miteinander abgestimmt waren. Auf jeden Fall sind die bilateralen Beziehungen zwischen Teheran und Kabul gut, weil Iran im Gegensatz zu Pakistan die Rabbani-Regierung als legitim anerkennt. Wenn Pakistan die Erklärung ernstgemeint hat, sich gemeinsam mit Iran für eine Verhandlungslösung in Afghanistan einsetzen zu wollen und das eine Abkehr von der einseitigen Unterstützung der Taliban bedeutet, dann könnte Mestiri sogar etwas Grund für seine Zuversicht haben. Thomas Ruttig