„Von der SPD gezielt gestreute Gerüchte“

■ Die Bonner Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen über den Zustand der FDP

taz: Frau Schmalz-Jacobsen, kennen Sie FDP-Kollegen, die zur SPD wechseln wollen?

Cornelia Schmalz-Jacobsen: Nein. Ich halte das für absoluten Quatsch und kann mir das von niemandem vorstellen.

Alles nur Gerüchte?

Ja. Und zwar von der SPD gezielt gestreute Gerüchte. Es ist wirklich eine Schweinerei, so was zu behaupten. Im übrigen: Die SPD überschätzt ihre „Attraktivität“ gern, so auch hier.

Herr Möllemann hat gesagt, daß FDP-Mitglieder überlegen, eine neue liberale Partei oder Gruppe zu gründen.

Mir ist von solchen Überlegungen nichts bekannt.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation ihrer Partei?

Es ist im Moment sehr schwer. Die Partei ist krisengeschüttelt. Wir müssen jetzt Mut beweisen und die Nerven behalten. Aber es ist erstaunlich, wie motiviert die Wahlkämpfer in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Baden- Württemberg sind, wo im März Landtagswahlen anstehen.

Was muß die FDP ändern?

Wir dürfen nicht länger danach schielen, wer uns für was wählen wird, sondern wir müssen wieder mit mehr Mut und weniger Hasenfüßigkeit für eine wirklich liberale Politik eintreten. Das gilt insbesondere für die Bildungspolitik und bei den Bürgerrechten. Das tun wir viel zu selten.

Teilen Sie Leutheusser-Schnarrenbergers Kritik, die liberalen Kollegen Kleinmut vorwirft?

Grundsätzlich ja.

Die Gerüchte um Überläufer und die Auseinandersetzung um den Solidaritätszuschlag lassen doch ein baldiges Ende der Koalition vermuten.

Auch das glaube ich nicht.

Die Überläufer-Gerüchte sind erfunden, und die Senkung des Solidaritätszuschlages ist eine Sache, die wir in den Koalitionsvereinbarungen verabredet haben. Der Zuschlag ist in dieser Höhe nicht mehr angemessen. Deswegen ist es richtig, daß wir das Thema aufgreifen.

Welche Chancen hat die FDP bei den Landtagswahlen im März 1996?

Ich denke, wir werden in alle drei Landtage einziehen. Interview: Karin Nink