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■ Die Mailbox Soziokultur soll die Szene vernetzen / Äußerst eingeschränkter Enthusiasmus der Kulturschaffenden

Klick: Noch herrscht gähnende Leere in der „Mailbox Soziokultur“, die bald ein Forum bieten will für die diversen Aktivitäten der Szene. Die virtuellen Schwarzen Bretter sollen eine demokratische, nicht-hierarchische Kommunikation herstellen zwischen den Anbietern soziokultureller Events in Bremen; gar ein „Diskurs“ soll entstehen, hofft Frank Borris, Kulturreferent im Ortsamt Neustadt. Gestern hatte das Kulturzentrum Fuhrpark im Buntentor geladen, um allen Mailbox-Interessierten den Stand der Dinge kundzutun. Vertreter der Ortsämter waren da, Gisela Krüger, Leiterin der Stadtbibliothek Neustadt, Ingeborg Poerschke vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung und Martha Bull von der Forschungsgruppe Telekommunikation der Uni Bremen. Bloß Reiner Kaminski von der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Einrichtungen, LAG Soziokultur, fehlte. Kommt die Soziokultur ganz gut ohne Mailbox und Vernetzung aus? „Nur zwei oder drei Mitglieder der LAG haben verstärktes Interesse an der Mailbox“, sagt Kaminski, „viele haben zwar Interesse, aber mit Fragezeichen.“ Denn, so Kaminski weiter, es sei einfach nicht klar, wer die zusätzliche Arbeit, die durch die Mailbox entsteht, leisten soll. Außerdem seien einige soziokulturelle Einrichtungen technisch noch gar nicht soweit. Da diene der PC bloß als bessere Schreibmaschine.

An den 200 Mark für ein Modem liegt es jedenfalls nicht, daß die LAG-Mitglieder noch etwas zurückhaltend sind mit der neuen Technik, die nicht nur der „Verwaltungsrationalisierung“ dienen soll, sondern auch „Leuten, die nicht auf Termine oder auf die Straße gehen“.

Statt einen Brief 20 Mal zu kopieren, muß er künftig bloß in den Computer getippt werden; wer sich dann in die Box einwählt (T. 53 09 54) – derzeit ist bloß ein Teilnehmer gleichzeitig –, bleibt auf dem laufenden im soziokulturellen Diskurs.

Ebenfalls geplant im Rahmen der informationellen Aufrüstung im Fuhrpark-Kulturzentrum: der kostenfreie Zugang ins Internet für Menschenrechtsgruppen. Damit hiesige Aktivisten möglichst au-thentische Informationen bekommen aus Ländern, wo gemeinhin staatliche Propaganda die einzig verfügbare ist. Schaffung einer Gegenöffentlichkeit nennt Borris das; das Netz soll die herkömmlichen Medien nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Bislang freilich nutzen bloß „Freaks“ die diversen Netze, zu denen der PC im Fuhrpark Zugang hat, meint „SysOp“ Malte Meiboom, zuständig für die Mailbox-Verwaltung. 1500 Mark hat der System Operator dafür bekommen, daß er – bislang schon ein halbes Jahr – die Soft- und Hardware betreut und die Netze pflegt. Um Zugang zur Mailbox zu bekommen, muß man natürlich nicht zwangsläufig Soziokulturschaffender sein. Aber seinen Namen muß man schon angeben. Denn wäre der Zugang anonym, „klinkt sich da noch ein Nazi ein.“ Mu