„Reaktionär und studentenfeindlich“

■ Unis sprechen auch dem neuen Koalitionsvertrag jeglichen Sachverstand ab

Dreimal ein dickes, kleines „a“ für die Sparvorschläge der Koalitionäre: „absurd“, „abstrus“, „aberwitzg“. Mit solchem Vokabular haben die drei großen Universitäten – Freie Universität (FU), Humboldt-Universität (HU) und Technische Universität (TU) – auf die Koalitionsvereinbarungen reagiert. Sie haben gegen die sie betreffenden Teile heftig opponiert: gegen die 390 Millionen Mark, die bis 1999 in der Wissenschaft gespart werden sollen, gegen den Abbau von Studiengängen, gegen die Erklärung zur „Geisterzahl“ 100.000, nämlich so viel Studienplätze erhalten zu wollen.

Die TU bezeichnet die Vereinbarungen als „reaktionär und studentenfeindlich“. Die Kürzungen im geisteswissenschaftlichen Bereich seien bedenklich. Dies beträfe vor allem die Lehrerausbildung, die nach den Plänen der Koalition trotz steigender Studentenzahlen an der TU nicht mehr stattfinden soll. Die TU befürchtet, wieder auf das Niveau einer Hochschule gestutzt zu werden.

Die HU zeigt sich fassungslos und irritiert über den geplanten Wegfall von Pharmazie und Sport. Bei Pharmazie habe der Senat noch im Dezember den Erhalt des Studienganges zugesichert. Außerdem gingen die Koalitionäre von falschen Studentenzahlen aus. 22.000 wären bei der HU vorgegeben, deutlich unter 20.000 würden finanziert, und tatsächlich habe die Uni 30.000 Studierende. Die HU befürchtet, daß die Stadt „ihre geistigen Kapazitäten auf barbarische Weise verspielt“.

Die FU hält die beabsichtigten Schließungen der Studiengänge Zahnmedizin und Informatik für „irre“ und rechtlich nicht haltbar. Über 30 Millionen Mark seien erst in den vergangenen Jahren in die neue Ausstattung der Zahnklinik gesteckt worden. Auch sei es unsinnig, Informatik aufzugeben, nachdem der Studiengang erst jetzt ausgebaut worden ist.

Die Universitäten zweifeln an dem Sachverstand der Koalitionäre und regen ein neues Nachdenken über die Einsparungsmöglichkeiten an. Dann aber bitte mit ihrer Beteiligung. Christoph Oellers