Der ernüchterte Rebell

■ Ein Jahr AfB : Um Friedrich Rebers, den Frontmann der SPD-Abtrünnigen, ist es still geworden / Politik ist ein „zähes Geschäft“, hat er gelernt

„Büro F. Rebers“ steht in schwarzen Buchstaben auf dem durchsichtigen Tesa-Streifen, der über den roten Klingelknopf am Haus der Böttcherstraße Nummer 4 geklebt ist. Frau Maaß öffnet die Tür. Schon als Rebers Vorstandmitglied der Bremer Sparkasse war, tippte sie seine Briefe und überwachte den Terminkalender. Als ihr Chef mit 65 in den Ruhestand ging und heute vor einem Jahr die Wählerinitiative Arbeit für Bremen (AfB) gründete, hielt sie ihm die Treue. Die Sparkasse hat die Sekretärin für drei Jahre freigestellt und überweist jeden Monat ihr Gehalt. Auch die Miete für das Büro, das sich Rebers mit der „Böttcherstraße GmbH“ teilt, zahlt die Sparkasse.

„Durch Gemeinsinn entstanden, durch Gemeinsinn erhalten“, wirbt ein Prospekt auf dem Tisch im Wartezimmer mit Rebers Unterschrift für die Bürgerpark-Tombola. Er ist Präsident des Bürgerparkvereins – eines von 18 Ehrenämtern, die Rebers für die Sparkasse wahrnimmt - dafür hat er Büro und Sekretärin.

„Ich hab' mich verspätet, hatte noch ein Gespräch wegen der Tombola“, entschuldigt sich Rebers, bittet in sein Arbeitszimmer und läßt sich in den schweren Leder-Sessel fallen. Auf dem Schreibtisch liegt eine weiße Plastikmappe. „Musikon Bremen“ steht auf dem Deckblatt. Eine Stehlampe taucht das Büro in gedämpftes Licht, das durch die mächtige Mahagoni-Schrankwand fast geschluckt wird. Das „Bremen Archiv“ steht dort neben „Otto Modersohn in Fischerhude“ und einem Buch mit dem Titel „Zukunft aus Kreativität“ im Regal.

Ein Jahr ist es her, daß Friedrich Rebers „mit der Fahne vorweg“ als „Rebell“ antratt, um und die Zukunft Bremens zu gestalten. 38 Jahre lang war der gelernte Bankkaufmann vorher in der SPD. „Meine Frau hat immer gesagt, Politik ist eine Sache, da müßtest Du mal ran. Du redest nicht, Du tust.“ „Richtig mitregieren“ wollte Rebers deshalb und Finanzsenator werden. Doch 10,7 Prozent der Stimmen reichten nur für einen Platz auf der Oppositionsbank. „Mann, Mann, der Nölle hat ja einen harten Job“, sagt Rebers unvermittelt. „Heute bin ich froh, daß ich nicht Finanzsenator geworden bin.“

Auch in anderer Hinsicht hat sich seine anfängliche Euphorie gelegt. „In der Politik geht es eben nicht so zu wie in einem Unternehmen“, resümiert Rebers. „Man stellt sich die Demokratie schon schwer vor. Aber wie schwer das wirklich ist...“, seufzt Rebers und schüttelt den Kopf. „Wir haben ja schon bald eine Überdemokratie. Wieviele Leute da mitreden... Wenn ich allein an die Beiräte denke. 20 Leute. Rebers hält inne. „Tja, so ein Diktator hat es sicherlich leichter“, sinniert er. „Der macht in seiner stillen Laube die Anordnungen, und alles muß kuschen... Das wollen wir ja nicht. Aber eine etwas straffere Führung – also weniger zerreden, sondern entscheiden, das täte allem gut.“

Auch um den Fraktionsvorsitz drängelt Rebers sich nicht. „Herr Lojewski war als Erster dran. Dann hab' ich gesagt, laß mal Elke Kröning ran, ein Mädchen. Die ist zumindest ein bißchen vorgebildet durch ihren Mann – die haben ja zu Hause immer diskutiert. Außerdem war sie im SPD-Ortsverein. Als nächstes bin ich an der Reihe.“ Freut er sich auf diese Aufgabe? Rebers schüttelt den Kopf. „Das ist nur noch mehr Einsatz“, lacht er. Durch die Ehrenämter bin ich jetzt schon so bei zwölf Stunden. Ich bin stellvertretender Vorsitzer des Förderkreises des Focke-Museums, stellvertretender Vorsitzer im Förderverein Philharmonie. In der Stiftung Sparer-Dank bin ich auch noch. Das ist eine ganz wichtige Sache. Das ist ja von der Sparkasse eine gegründete Stiftung, die an der Kuhlenkampf-Allee 429 Altenwohnungen hat. Rebers zieht die Stirn in Falten. „Ja, Mensch, wo bin ich denn noch drin? Da muß ich direkt mal überlegen...“

Bleibt bei so vielen Ämtern überhaupt noch Zeit für die Politik? „Oh ja“, sagt Rebers bestimmt. „Ich pendele immer zwischen der Böttcherstraße und unserem Fraktionsbüro in der Martinistraße hin und her. Der Wahlkampf hat für uns ja schon begonnen. Die Nagelprobe der Großen Koalition wird der Doppelhaushalt sein. Wenn die das voreinander kriegen, dann halten die vier Jahre durch. Aber wir müssen uns jetzt schon darauf einstellen, daß wir nicht in Vergessenheit geraten“, sagt Rebers, seine Hand zur Faust geballt.

Wieviele Arbeitsplätze hat die AfB eigentlich bisher geschaffen? „In sieben Monaten kann man kaum Arbeitsplätze schaffen“, räumt Rebers ein. „Aber wir können die Große Koaltion vor uns her treiben. Und das tun wir auch. Mit den Arbeitsplätzen das muß langsam gehen. Gewerbeflächen müssen her und dann, ... aber wir haben ja Arbeitsplätze geschaffen“, fällt es dem AfB-Gründer plötzlich wie Schuppen von den Augen. „In der Fraktion. Drei wissenschaftliche Mitarbeiter, einen Pressesprecher, eine Sekretärin... – alles in allem zehn Arbeitsplätze.“ Ob das den Wählern reicht? Rebers lacht. „Wir werden sehen. Dieses Jahr ist das Jahr der Bürgernähe.“ Dafür ist er mit seinen Ehrenämtern doch die ideale Besetzung. Rebers strahlt. „Eben, eben“ Kerstin Schneider