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: Berlin will Hickel

In Berlin brodelt die Gerüchteküche: Die Stadt rätselt über die Zusammensetzung ihres künftigen Senats. Mit im Rennen um einen Regierungsposten ist auch Rudolf Hickel, SPD-Mitglied und Wirtschaftsprofessor an der Universität Bremen.

Die Sozialdemokraten suchen nach einer kompetenten Besetzung für das Finanzressort. Führende Berliner SPD-Politiker halten es für „wahrscheinlich“, daß der neue Hüter der defizitären Stadtkasse nicht aus den Reihen der zerstrittenen Hauptstadt-SPD kommt. „Ich glaube, daß Fraktionschef Klaus Böger einen Auswärtigen durchsetzen wird“, so ein Sozialdemokrat, der sich selber einige Hoffnungen auf einen Sitz am Senatstisch macht. Auch Hickel sei neben anderen als Kandidat im Gespräch. Ebenfalls gehandelt werde der Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Norbert Wiczorek aus Hessen.

Lange Zeit hatte die SPD zur Kandidatensuche nicht: In letzter Sekunde vor Abschluß der Koalitionsverhandlungen hatte die SPD der Union ein fünftes Ressort abgerungen - ausgerechnet die als „Querschnittsressort“ sehr einflußreiche Finanzverwaltung.

Hickel selbst hat in einem Radio-Interview sein Interesse an einem Wechsel an die Spree bekundet. Zwar habe er noch keine konkrete Anfrage erhalten, so der politisch ambitionierte Finanzwissenschaftler, er würde aber den Job gerne übernehmen.

Diese öffentlichen Äußerungen könnten Hickels Chancen aber schmählern. Denn eigentlich hatte die SPD bis zur Entscheidung auf der Fraktionssitzung heute nachmittag in Personalfragen ein Redeverbot erteilt. „Wer jetzt die Schnauze nicht hält, der wird nichts“, formulierte es ein langjähriger Beobachter der Landespolitik. Und ein anderer Insider hält Fraktionschef Böger nicht für den „Großen Vorsitzenden“, der gegen die Hausmächte von Berliner Lokalgrößen einen Auswärtigen wie Hickel durchsetzt. Andererseits stünde die SPD unter Druck, Kompetenz von außen in die Stadt zu holen, nachdem die CDU mit dem Staatssekretär Jörg Schönbohm aus dem Bundesverteidigungsministerium einen bekannten Mann als neuen Innensenator präsentiert hat.

Kenner der Berliner Sozialdemokratie raten dem Bremer Professor ohnehin von einem Wechsel an die Spree ab: Die Berliner Genossen hätten noch jeden, der von außerhalb kam, in kurzer Zeit verschlissen. jof