Ein Angriff gegen die Gewerkschaft

■ Gewerkschaft der Polizei sieht mit der Durchsuchung und Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft das Grundgesetz verletzt und will Verfassungsgericht anrufen. Interview mit Joachim Tetzner, Rechtssekre

taz: Sie haben in der Affäre um falsch abgerechnete Arbeitsstunden von Wachpolizisten die Rechtsvertretung der Beschuldigten übernommen. Da ist doch es nicht überraschend, daß die Staatsanwaltschaft denkt, bei ihnen sei etwas zu holen.

Joachim Tetzner: Das Überraschende ist eigentlich, daß die Staatsanwaltschaft meint, sie könne einfach ein Gewerkschaftshaus durchsuchen. Wir sind die Gewerkschaft der Polizei und erfüllen satzungsgemäße Aufgaben. Wir sind keine kriminelle Vereinigung. Da für alle die Unschuldsvermutung gilt, sind wir durch unsere Satzung verpflichtet, Rechtschutz zu gewähren. Die Staatsanwaltschaft darf Räume durchsuchen lassen. Hier aber sind die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots verletzt worden und damit grundgesetzliche Rechte.

Sollen ihre Mitglieder eingeschüchtert werden?

Es sind etwa vierhundert Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Ein Großteil dieser Verfahren ist bereits eingestellt worden, weil die Beweislage so dünn ist. Es sind bei den Ermittlungsverfahren auch Leute einbezogen, die längst auf Rente sind oder krank geschrieben waren. Die Kripo und die Staatsanwaltschaft hatte doch auch ohne unsere Unterlagen alle Möglichkeiten, Beweise zu erheben. Deswegen ist die Durchsuchung unverhältnismäßig.

Sie verlangen einen Vertrauensschutz für ihre Mitglieder?

Grundlage des Rechtschutzes ist ein Vertrauensschutz. Wir vertreten bei unserer Arbeit regelmäßig Beamte, gegen die beispielsweise wegen Körperverletzung oder Strafvereitlung im Amt ermittelt wird. In jedem dieser Fälle wäre es also möglich, daß der Staatsanwwalt mit einem richterlichen Beschluß kommt und sagt, zeigt mal her, was ihr hier Schönes habt. Das kann doch nicht sein. Klar ist, daß wir nicht das Beschlagnahmeprivileg und Zeugnisverweigerungsrecht eines Anwalts haben. Die Durchsuchung aber stellt die gewerkschaftliche Arbeit grundsätzlich in Frage.

Die Presse, die auch Vertrauensschutz in Anspruch nimmt, mußte mehrfach Durchsuchungen über sich ergehen lassen.

Ich finde es auch schlimm, wenn wegen irgendwelcher Peanuts eine Redaktion durchsucht wird, um an Informanten heranzukommen. Bei allen bisherigen Fällen hat das Verfassungsgericht aber gesagt, diese Durchsuchungen seien zulässig. Das betrifft neben der Presse beispielsweise auch die Banken. Deswegen ist dies etwas anderes. Hier bei uns aber geht es um eine Satzung, die den Rechtschutz gewährleistet, und um die grundgesetzliche Vereinigungsfreiheit. Wir gehen deshalb vor das Bundesverfassungsgericht. Daneben ist es auch eine politisch sehr fragwürdige Entscheidung, eine solche Durchsuchung in einem Gewerkschaftshaus durchzuführen. Hier ist die Justizsenatorin Peschel- Gutzeit in der Pflicht – auch im Rahmen ihrer Dienstaufsicht.

Die Durchsuchung paßt zur Debatte um Lauschangriff und bessere Zugriffsmöglichkeiten der Fahnder. Wo gehobelt wird, fallen Späne, und zu den Spänen gehört auch die Durchsuchung der Polizeigewerkschaft.

Das ist eine andere Diskussion. Einmal geht es um Fragen der inneren Sicherheit. Bei uns aber geht es um einen grundsätzlichen Angriff auf das Grundrecht einer unbehinderten Gewerkschaftsarbeit. Mit der Duchsuchung geht es gar nicht um die Beschlagnahme von Beweismitteln, hier geht es darum, den gewerkschaftlichen Rechtschutz unmöglich zu machen und unsere Arbeit generell einzuschränken. Interview: Gerd Nowakowski