„Ich sehe keine juristischen Probleme“

■ Hessens Justizminister unterstützt die Forderung, Asylbewerberheime aufzulösen

taz: Der Bürgermeister von Lübeck, Michael Bouteiller, hat nach dem schrecklichen Brand für seine Stadt die Auflösung der Sammelunterkünfte und die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen angekündigt. Wird Hessen diesem Beispiel folgen?

Rupert von Plottnitz: Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß bei auffälligen, isolierten Großeinrichtungen für Asylbewerber das Risiko für Anschläge welcher Provenienz auch immer, vor allem rechtsextremer oder neonazistischer Provenienz, größer ist. Hinzu kommt, mit Blick auf Erfahrungswerte aus Hessen, daß die dezentrale Unterbringung meist auch kostengünstiger ist. Deshalb ist diese Position vom Prinzip her zu unterstützen.

Konservative Kreise haben bereits „juristische Probleme“ gegen die Auflösung der Sammelunterkünfte ins Feld geführt ...

Ich sehe keine juristischen Probleme, weil die Vorschrift im Asylverfahrensgesetz zwar besagt, daß in der Regel die Unterbringung in Gemeinschaftseinrichtungen zu erfolgen habe. Doch sind dabei auch öffentliche Interessen zu berücksichtigen. Wenn die Erfahrungen zeigen, daß die dezentrale Unterbringung in Wohnungen – sogar auch unter Finanzaspekten – von öffentlichem Interesse ist, sehe ich im Asylverfahrensgesetz keinen Hinderungsgrund für eine entsprechende Praxis.

Andere Kritiker von Bouteiller weisen auf die Wohnungsnot in Deutschland hin ...

Das mag für bestimmte Ballungsräume zutreffen, gilt aber sicher nicht für die gesamte Bundesrepublik. Man muß aber gerade auch in den Ballungsräumen die Risiken abwägen. Weitere Anschläge auf Flüchtlinge müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden.

Seit dem Verbot von zwei kurdischen Vereinen in Frankfurt stehen vor deren Vereinsräumen drei Polizeifahrzeuge und ein Wasserwerfer, um die Besetzung der Zentren zu verhindern. Könnte man nicht auch vor die Flüchtlingsheime Polizisten stellen?

Dort, wo Flüchtlingswohnheime besonders isoliert in einer örtlichen Randlage eingerichtet wurden, glaube ich in der Tat, daß überlegt werden muß, eine Dauerbewachung durch Polizeikräfte ins Auge zu fassen, um mehr Sicherheit zu garantieren. Aber eines darf man nicht vergessen: Wir diskutieren hier letztendlich über technische Mittel und Wege, um Anschlagsrisiken zu minimieren. Das wird immer nur relativ erfolgreich sein.

Entscheidend ist, daß man das flüchtlingsfeindliche Klima, das vor allem von Bundesinnenminister Kanther mit jeder Äußerung geschürt wird, offensiv bekämpft. Denn das ist der größte Risikofaktor. Interview:

Klaus-Peter Klingelschmitt