Beate Uhse, die Superfrau

■ Eine deutsche Überfliegerin und Tiefseetaucherin gründete 1962 den ersten Sexshop der Welt

Sie hätte auch Schuhe verkaufen können, gesteht die Geschäftsfrau Beate Uhse frank und frei, und man glaubt es ihr sofort. So sieht auch ihr Museum aus. Nachdem die Presse am Wochenende das Beate-Uhse-Erotikmuseum in Berlin in die Schlagzeilen brachte, herrscht dort auch am Montag vormittag Hochbetrieb. Viele ältere Herren schleichen langsam durch die Gänge und haben Mühe, die vielen Sexpetitessen in den Vitrinen zu erkennen. Die Angaben bescheiden sich auf die koloniale Herkunft der Exponate, ohne Zeitangabe oder weitere Erläuterungen. Wozu sich mit zuviel Wissen belasten, es geht sowieso immer um das eine. Der kleine Faltkatalog verrät, „daß die Erotik eine Hauptwurzel aller Kulturen ist ... Entdecken Sie die Vielfalt der erotischen Phantasien.“ Aber gerne doch, beweist der Massenandrang. Tüchtig und geschäftstüchtig war Beate Uhse ihr ganzes Leben lang. Ein ganzer „Maxe“, wie sie liebevoll als Praktikantin von ihren männlichen Arbeitskollegen in den Bücker Flugzeugwerken genannt wurde. „Vom Mut einer Frau“ schwärmt ihr Sternendeuter, der sich Herr Müller nennt und ihr Leben im Zeichen des Skorpions als „deutsches Wunder“ bilanziert. Am 25. Oktober 1919 wurde sie als Tochter einer Kinderärztin und eines wohlhabenden Landwirts geboren. „Ich habe die fabelhafteste Kindheit gehabt, die man sich wünschen kann. Meine Eltern – beide, jeder auf seine Weise – haben mir so unglaublich viel Sicherheit und Selbstbewußtsein gegeben.“ Mit 17 Jahren machte sie ihren Pilotenschein und mit 75 Jahren ihren Tiefseetauchschein auf den Malediven. Beate Uhse ist ohne Harm ein deutsches Wunder, energisch wie Leni Riefenstahl und ebenso praktisch beschränkt in allen strittigen deutschen Fragen. Sicherlich wird sich ihre Vision 2000 erfüllen: „Ich möchte gesund und fit bleiben – Golf und Tennis spielen, tauchen, Wasserski fahren. In meinem Garten werkeln. Und das Jahr 2000 unbedingt mit Lust und Liebe erleben.“ Die erfolgreiche Liebe zum Sport scheint in Deutschland der Garant für alles mögliche zu sein. Mit 15 Jahren war sie hessische Meisterin im Speerwerfen. Sport war damals ein Grund für sie, zur Hitlerjugend zu gehen. „Als geschickte Sportlerin machten sie mich zu einer Art Vorturnerin, Fähnleinführerin beim BDM (Bund Deutscher Mädel). Darauf war ich damals im Jahre 1934 natürlich stolz. Was wußten wir denn schon von Hitler und dem eigentlichen Sinn der Hitlerjugend? Nichts.“ Und auch später wußte sie die politische Großwetterlage nicht zu überschauen. Sie sei nie Parteimitglied geworden und habe sich nie für Politik interessiert. Wie Millionen andere Deutsche auch, sei sie nach Hitlers Machtübernahme überzeugt gewesen, daß „Adolf, der Gütige“, wie man ihn spöttisch genannt habe, tatsächlich bessere Zeiten bringen würde. Sie habe sich blenden lassen, wie viele andere Millionen auch, denn schließlich holte Hitler die Arbeitslosen von der Straße, er ließ Autobahnen bauen und begeisterte die Welt durch die Olympischen Spiele in Berlin. Und als dann 1939 der Krieg kam, war es ihr unheimlich, und sie hoffte auf ein baldiges Ende. „Aber „als Deutscher hat man seine Pflicht für sein Land in diesem schlimmen Krieg. Je nachdem, wohin man gestellt war, als Familienmutter, als Bauer, als Soldat, als Flieger.“ Immer wieder betont sie in ihrer Autobiographie (Mit Lust und Liebe – Mein Leben) daß sie es mit den Millionen Deutschen gehalten habe, die es doch nicht besser wußten. Am 30. April 1945 flog sie ihren letzten Einsatz raus aus den Berliner Kessel in Richtung Nordsee. Am 8. Mai 1945 kapitulierte Deutschland. Sie hatte sich vor der Rache der Alliierten gerettet, um eine der erfolgreichsten Nachkriegsmillionärinnen Deutschlands zu werden. Mit der sexuellen Unaufgeklärtheit von Millionen Deutschen startete sie ihr Geschäft. Ihre „Schrift X“ – über die empfängnisfreien Tage der Frau nach der Lehre von Knaus-Ogino –, wurde zum absoluten Bestseller und zum Grundstock des Erfolgs des „Versandhaus für Ehehygiene Beate Uhse“.

1962 eröffnet sie in Flensburg den ersten Sexshop der Welt. 1979 steigert sich der Umsatz der Beate Uhse AG, mit Hilfe der inzwischen staatlich zugelassenen Pornofilme, auf über 70 Millionen Mark. Nach der deutschen Wiedervereinigung klettert der Umsatz im Jahr 1993 auf mehr als 100 Millionen Mark, und sie beschäftigt zirka 600 Angestellte. Eine deutsche Erfolgsstory, die sie selbst super findet. Verwirklichen will sie bis zum Jahr 2000 noch die Osterweiterung, einen Beate-Uhse-Laden am Roten Platz in Moskau. Halina Bendkowski