Kriminaler schmuggeln

■ Landeskriminalamt Bayern soll mehrmals Atomgeschäfte inszeniert haben

Bonn (dpa) – Der SPD-Europaparlamentarier Martin Schulz hat dem bayerischen Landeskriminalamt (LKA) vorgeworfen, mehrere Fälle von Atomschmuggel inszeniert zu haben. Er sagte gestern in Bonn, LKA-Mann Walter Boeden habe nicht nur den Uranschmuggel in München im August 1994, sondern auch den Landshuter Fall im Juni 1994 „angeschoben“. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, daß Boeden, der jeweils als Scheinaufkäufer auftrat, auch bei dem bisher größten illegalen Nukleargeschäft in Europa im Dezember 1994 in Prag beteiligt war.

Schulz erklärte, das bayerische LKA habe Boeden „einen präzise formulierten Auftrag zur Beschaffung von Kernmaterial erteilt“. Er gehe davon aus, „das LKA sei zumindest im Münchner und Landshuter Fall Urheber und Durchführer der gesamten Aktionen gewesen, die zum Auffinden des Kernmaterials geführt haben“. Die Bedrohungen durch vagabundierenden Nuklearstoff seien „real nicht nachweisbar, es sei denn, sie werden von Behörden, in diesem Fall vom bayerischen LKA, in Szene gesetzt“. Es gebe gar keinen Abnehmerkreis für Kernmaterial.

Boeden ist nach den Recherchen von Schulz „systematisch und mit gezielten Kaufvorstellungen vorgegangen“. Er habe präzise seine Wünsche vorgebracht. Wenn Lieferanten mit Proben angekommen seien, die nicht in sein Kaufkonzept von hochangereichertem Uran oder Plutonium gepaßt hätten, habe er sich beschwert, „ihm nicht solchen Mist zu bringen“. Das bayerische LKA sei im Fall Landshut, wo am 13. Juni 1994 hochangereichertes Uran sichergestellt wurde, mit der gleichen Strategie vorgegangen wie bei der Festnahme der Plutoniumdealer am 10. August 1994 auf dem Münchner Flughafen.

Schulz stellte die Frage, warum von den 33 bisher bekanntgewordenen und bei der Euratom analysierten Nuklearfunden allein 29 in Deutschland – und davon der überwiegende Teil in Bayern – entdeckt worden seien.