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Kunst statt Knast

■ Dachstuhlbrand in der Ostertorwache noch nicht aufgeklärt / Polizei gibt Gebäude an Wagenfeld-Stiftung ab

Die Bremer Ostertorwache, in der Nazizeit Gestapo-Gefängnis, seit einigen Jahren berüchtigter Abschiebeknast, wird seinen Schrecken hoffentlich nun ein für allemal verlieren. Wie ein mittelalterlicher Kerker-Bau mutet das unter Denkmalschutz stehende Gebäude von innen an, die kleinen Zellen sind zum Teil sogar ohne Fenster, zum Teil nur durch Glasbausteine mit Tageslicht versorgt. Seit dem vergangenen Freitag stehen die alten Kerkertüren aller Zellen offen.

Daß ein 18jähriger Kurde seine Matratze angezündet hat, stand am Freitag bereits fest. Der Mann, dessen Abschiebung in die Türkei unmittelbar bevorstand, brachte sich mit dem Feuer selbst in Lebensgefahr: Die Zellentür war noch verriegelt, als die Flammen aufloderten. Offenbar kam auf den Klingel-Alarm hin aber schnell ein Beamter und ließ den Mann hinaus auf den engen Flur.

Wie es kommen konnte, daß nicht nur die Zelle brannte, sondern der Dachstuhl in 20 Metern Entfernung, an der entgegengesetzten Seite des um einen Innenhof quadratisch angelegten Gebäudes, aufloderte und abbrannte, das konnten sich auch die gestern zur Begutachtung angereisten Versicherungs-Vertreter nicht recht erklären.

Arbeitshypothese ist bisher, daß die Funken durch die Luftschächte stoben und – aus welchen Gründen auch immer – nur weit entfernt wieder Feuer fingen. Eigentlich ist das aber auch nicht möglich, weil die Luftschächte nicht den Ostteil des Zellenfeuers mit dem Westteil des Dachstuhl-Feuers verbinden. Gutachten werden das Rätsel aufklären müssen.

Für die Polizei wird das Gebäude nicht wieder hergerichtet, bestätigte gestern der Sprecher des Innenressorts. Am 1. April sollte der Abschiebeknast sowieso umziehen, eine Instandsetzung nach dem Feuer dürfte ebenso lange hinziehen. Die Büros der Beamten sind fürs erste an den Wall umquartiert worden, die Häftlinge im normalen Justiz-Vollzug in Oslebshausen, wo sie als „unbescholtene“ ausländische Mitbürger eigentlich nicht hingehören.

K.W.

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