Schweizer Grenzer suchen den guten Kontakt zu deutschen Polizisten

■ „Besondere Partnerschaft“ zwischen deutschen und Schweizer Grenzschützern. Die Arbeitsgruppe tagt schon

Bern (taz) – Während die Kooperationsverhandlungen zwischen der Schweiz und der EU in Brüssel bisher an einem Berner Nein zum freien Personenverkehr mit der EU scheitern, zeigt sich das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) sehr erfolgreich in Sachen Innenpolitik und Polizeikooperation. Beim Kanther-Besuch in Bern im November letzten Jahres wurde das 1993 unterzeichnete Rückübernahme-Abkommen in Kraft gesetzt. Gemeinsam will man jetzt die „Schleuserkriminalität“ bekämpfen und die Zusammenarbeit an den Grenzen verstärken. An der gemeinsamen Arbeitsgruppe unter Leitung von EJPD-Generalsekretär Armin Walpen und BMI-Staatssekretär Kurt Schelter nehmen auch Vertreter des BGS und der schweizerischen Grenzwacht sowie der Landes- und Kantonspolizei teil. Schon in diesem Jahr will man zu ersten Ergebnissen kommen.

Lageanalysen und gemeinsame Einsatzplanungen, vor allem für die grüne Grenze, sollen erstellt werden. Laut Christoph Hani von der Schweizer Oberzolldirektion will man Doppelkontrollen am gleichen Grenzabschnitt vermeiden und so zu mehr Effizienz gegen den illegalen Grenzübertritt kommen. An bereits bestehenden „Gemeinschaftszollämtern“ wie dem Autobahnübergang Basel–Weill, der größten Schweizer Zollanlage, kontrolliert bisher jede Seite für sich. Später sollen vor allem kleinere Übergänge nur von deutschen oder Schweizer Grenzwächtern betrieben werden.

Zur besseren Koordination sollen Beauftragte ernannt und „grenzpolizeiliche Kontaktdienststellen“ errichtet werden. Insgesamt elf solcher Schaltstellen für den Austausch von Informationen und „aktuellen Fahndungserkenntnissen“ sowie für Abschiebungen und Auslieferungen unterhält die Bundesrepublik zur Zeit. Bislang kooperiert sie nur mit den Beneluxstaaten und Frankreich. Die an der deutsch-schweizerischen Grenze geplanten Büros koordinieren auch „grenzüberschreitende polizeiliche Maßnahmen“, vor allem Observationen, so die Vorstellungen des Bonner Innenministeriums. Mit den nun geplanten „genormten und kompatiblen Kommunikationssystemen“, also den gemeinsamen Funkfrequenzen der Polizeien beider Länder, erhält die Schweiz Zugang zu einer weiteren Form der Zusammenarbeit. Bisher wurde darüber so nur im Schengener Abkommen und im EU-Kontext diskutiert.

Zwar wird die Schweizer Polizei vorerst keinen Zugang zum Schengener Informationssystem erhalten. Mit dem geplanten „kooperativen Sicherheitssystem“ an den Grenzen rückt sie aber ohne Vertrag und Vorleistungen beim Abbau von Grenzen nahe an die sonstige Kooperation der Schengen- Staaten heran.

In späteren Verhandlungen soll die Arbeitsgruppe auch die Zusammenarbeit anderer Sicherheitsbehörden einbeziehen. Aber auch hier beginnt man nicht bei Null. Im Bundeskriminalamt (BKA) – so ein ehemaliger BKA- Mann – sah man die schweizerische Polizei schon in den siebziger Jahren als das 12. Landeskriminalamt an. Laut BMI besuchten von 1991 bis 1995 auch 18 Schweizer Polizeibeamte Lehrgänge für verdeckte Ermittlung beim BKA. Folco Galli, Sprecher des schweizerischen Bundesamtes für Polizeiwesen (BAP), wollte diese Zahl weder bestätigen noch dementieren. Die Kurse ziehen sich über zwei Jahre hin. Über die Inhalte schweigt das BKA sich aus. Diese Ausbildungshilfen, von denen nicht nur die Schweiz profitiert, werden, so BKA-Abteilungsleiter Leo Schuster, „über die normalen Kanäle“ direkt zwischen den Polizeien und ohne Zutun der jeweiligen Ministerien vereinbart.

Seit rund einem Jahr hat die schweizerische Polizei auch direkten Zugriff auf die Sachfahndungsdaten des deutschen Polizeidatensystems „Inpol“: Gestohlene Fahrzeuge, Personaldokumente, Waffen können unmittelbar über ein in Bern stationiertes Terminal erfragt werden.

Die Schweiz gesellt sich damit zu den polizeilichen Zentralstellen von fünf weiteren europäischen Staaten, die seit 1978 den Datenzugang erhielten. Zehn weitere Staaten erhalten solche Auskünfte über Telex.

Beim BAP greife man etwa einmal am Tag auf den schnellen Datenaustausch zurück, erklärte Galli. Hier seien nur Gegenstände verzeichnet, zu deren Halter oder Eigentümer müßte beim BKA eigens nachgefragt werden. Ebenfalls geprüft wird laut Galli der Austausch von Verbindungsbeamten zwischen BAP und BKA. Funkstille herrscht beim BMI hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen dem Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Staatsschutz der Schweiz. Die vollziehe sich ganz legal auf der Basis des Bundesverfassungsschutzgesetzes, das die Datenübermittlung ins Ausland zuläßt, wenn dies zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Heiner Busch