Fundamentale Erschütterung

■ Der Haushaltsentwurf für die Sitzung der Kulturdeputierten läßt auch die Soziokultur zittern

Zum „Spielball“ der Politiker will Barbara Hirsch vom Kulturzentrum Schlachthof sich nun wirklich nicht machen lassen. Eine „unwürdige Diskussion“ sei das, sich immer fragen zu müssen, wie man sein Angebot mit noch weniger Geld aufrechterhalten könne. Schließlich habe die Kultursenatorin Bringfriede Kahrs zu Beginn ihrer Amtszeit zugesagt, daß an den soziokulturellen Einrichtungen nicht gespart werde. Und jetzt sieht der Deputationsentwurf zur Sitzung der Deputation für Wissenschaft und Kunst Einschnitte in Höhe von 45.000 Mark an institutionellen Mitteln vor. Statt 600.000 werden 1996 und 97 nur noch 555.000 Mark an das Kulturzentrum überwiesen. Einbußen wird – nach dem derzeitigen Stand der Dinge – auch das Lagerhaus in der Schildstraße verzeichnen müssen: von den 400.000 Mark Zuschuß aus dem Kulturhaushalt 35.000, aus dem Topf für Migrations-Projekte 16.000 Mark, und das Budget für Ökologie reduziert sich von 125.000 auf 75.000 Mark. Einer „Verabschiedung von elementaren Inhalten“ kämen die finanziellen Einschnitte gleich, meint Anselm Züghart vom Lagerhaus. Ein Bereich der Lagerhaus-Aktivitäten wäre damit „grundlegend erschüttert“. Fast noch brisanter: Die Unsicherheit beim Projektmittel-Etat. 1,5 Millionen Mark standen dafür bislang zur Verfügung, der Haushaltsposten über diese Mittel läuft bis zur Jahresmitte aus.

Auch Reiner Kaminski, Geschäftsführer der LAG Soziokultur, ist die ewige Diskussion ums Geld leid. Er will auch mal wieder über Inhalte reden können; kontraproduktiv dabei seien die „internen Reibungsverluste“, die durch die ständige Unsicherheit in Sachen Etat entstehen.

Statt „unqualifizierter Rotstift-Politik“ fordert die LAG denn auch ein sogenannntes Moratorium. Sowohl Projektmittel als auch institutionelle Gelder sollen zwei Jahre lang festgeschrieben werden. Während dieser Frist soll sich herauskristallisieren, an welcher Stelle und ob überhaupt im soziokulturellen Bereich Einsparungen möglich sind. Erstmal wird es wohl ein kleineres Moratorium geben: Die Sitzung vom 7. Februar könnte vertagt werden, weil der Haushaltsentwurf noch für Spannungen zwischen den Fraktionen sorgt. Bis zum 15. soll dann eine Linie gefunden sein, die für die breitenkulturellen Einrichtungen entspannende Wirkung hat.

Daß in der Soziokultur überhaupt gespart werden muß, glaubt Carmen Emigholz, kulturpolitische Sprecherin der SPD, nämlich nicht. Alle Stellen, die nicht aus dem „Käsekästchen“-Modell von Ex-Kultursenatorin Helga Trüpel stammen, laufen weiter. Die anderen gelte es, in Planungsstellen aus Haushaltsmitteln umzuwandeln. Schließlich müsse, so Carmen Emigholz, doch einmal definiert werden, welche „Langfrist-Aufgaben“ sich der Kultur stellten. Dabei dürfe nicht die Hochkultur gegen die freie Szene ausgespielt werden. Und mit Kaminski ist sie sich einig, daß auf längere Sicht der Kulturhaushalt Bremens von derzeit 1,3 auf drei Prozent erhöht werden müsse. Mu