■ Bonn apart
: Am FDP-Totenbett

War es eine Mahnung an sich selbst oder eine Kampfansage an parteiinterne Kritiker? Das Hohelied politischer Programmatik sang Joschka Fischer diese Woche in Bonn und warnte seine Partei vor den Gefahren des reinen Machtpragmatismus. Anlaß war dem grünen Fraktionschef die Vorstellung des Buches von Peter Lösche und Franz Walter über den Niedergang der FDP. Es endet mit der Warnung an alle künftigen „dritten Kräfte“, nie einen Grundstock an „Tradition, Bindung und normativer Identität“ aufzugeben. Fischer zeigte sich beeindruckt.

Zweieinhalb Stunden später traten etwas ältere Herren in Bonn vor die Presse, um ihren Anspruch auf das Erbe der real existierenden FDP öffentlich zu bekräftigen. Heiner Kappel und Alexander von Stahl stellten ihr neues Programmbuch zur Rechtswende vor. Titel: „Für die Freiheit“. Verlag: Ullstein. Lektor: Rainer Zitelmann.

Den Autoren ist es darin auf 250 Textseiten nicht nur gelungen, den FDP-Übervater Hans- Dietrich Genscher bis auf ganze zwei Erwähnungen totzuschweigen. Sie bringen in dem „Plädoyer für eine liberale Erneuerung“ auch das Kunststück fertig, unter 20 Beiträgen keinen einzigen einer Frau zu publizieren. Die Zukunft der FDP ist frauenfrei oder gar nicht. Wenigstens seine Tochter Julia, die wacker für die nationalliberale Sache ficht, hätte Heiner Kappel gewinnen müssen.

Größtes Manko der Buchvorstellung: Erben erheben Anspruch auf Zukunft, aber weder Kappel noch Stahl verkörpern die blühende Jugend. Da half auch die Unterstützung des lange als Kronzeugen der Parteiverdrossenheit gehandelten Soziologen Erwin K. Scheuch nichts. So wenig wie die des vom extremen Linken zum stolzen Deutschen konvertierten Konkret-Gründers Klaus Rainer Röhl, der mit schalen Witzen gegen die Zumutungen des politisch korrekten Zeitgeistes anrennt („Der große Wortangriff ist sicher viel bedrohlicher als der große Lauschangriff“).

Keine Aufbruchstimmung verbreiteten die Nationalliberalen, sondern eher Langeweile. Kurz zuvor hatte Fischer die Erfolgschancen einer FDP- Rechtswende durch Stahl und Zitelmann vorausgesagt: Mit denen wird das nichts. Hans Monath