■ Ausgebrütet
: Der Hühnerbaron

Die wenigen Aufnahmen von Anton Pohlmann (57) zeigen ihn wie seine Hühner: verschreckt und menschenscheu. Interviews gibt der Agroindustrielle schon lange nicht mehr. Informationen über seine Pohlmann GmbH & Co KG sickern allenfalls tröpfchenweise durch. So kann sein Umsatz nur geschätzt werden. Ein Gericht ging von täglich 70.000 Mark Einnahmen aus. Auch Jahresumsatz und Rendite lassen sich nur ahnen. Für sein vor drei Wochen verkauftes Hühner-Imperium soll Pohlmann 300 Millionen Mark bekommen haben.

Angefangen hatte der gelernte Bäcker 1968 mit 20.000 Mark Eigenkapital. In der strukturschwachen Weser- Ems-Region baute er eine Hühnerfarm nach der anderen. Auf schätzungsweise sieben Millionen Legehennen hat er es bis heute allein in Deutschland gebracht. Pohlmann war damals längst nicht der einzige niedersächsische Landmann, der mit der industrialisierten Massentierhaltung Geld verdienen wollte. Der Landstrich zwischen Oldenburg und Osnabrück ist auch als „Schweinegürtel“ berüchtigt, den mehrfach die Schweinepest heimsuchte.

Doch keiner war so erfolgreich wie Anton Pohlmann. Rund um seine Hühnerfarmen verstand er es, ein Netz zwischen CDU-Politikern, Landwirten und Unternehmern zu flechten. Kritiker sprechen unverhohlen von „mafiaähnlichen Verhältnissen“. So gab der ehemalige hannoversche Agrarminister Gerhard Glup (CDU) in den 80er Jahren zu, „Eiernester“ zu haben, sprich pekuniär wärmste Kontakte zur Eiermafia. Zuvor waren Glup und Parteikollegen wegen illegaler Spendenpraktiken angeklagt.

Über Jahre gelang es Pohlmann, die Tore zu seinen Eierfabriken dicht zu halten. Kontrolleure hatten es dementsprechend schwer, ihm Verstöße gegen das Tierschutzgesetz nachzuweisen. Nach ständigen Verfahren gegen Pohlmann, die dem Dauergast vor deutschen Gerichten bisher über eine Million Mark an Bußgeldern kosteten, gelang den Behörden im Sommer 1994 endlich der große Coup: Sie konnten Pohlmann nachweisen, daß er mindestens 60.000 Hennen gesetzeswidrig getötet hatte. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Karl- Heinz Funke (SPD) hat dem Hühnerbaron daraufhin die Massentierhaltung verboten. Den geschundenen Hennen half's wenig: Pohlmanns Sohn übernahm – formal – Vaters Sessel.Ulrike Fokken