Schlachter Groth gibt auf

■ Zwei Frauen übernahmen die mehrfach verwüstete Öko-Fleischerei am Sielwall

Kaum Graffities, keine Pflastersteine – Vasen voller Blumen zieren das Schaufenster der Öko-Fleischerei am Sielwall. „Neueröffnung“ steht in großen Lettern auf dem Glas. Zum 1. Februar übernahmen Ilona Klinger und Bärbel Hundert den Laden von Matthias Groth.

Militante Veganer, möglicherweise in Kooperation mit anderen Gruppierungen, hatten den „Schweinemörder“ über zwei Jahre lang mit blankem Terror drangsaliert. Hatten die Reifen seines Autos zerstochen, hatten ihm den Laden mehrfach zerstört, Brandbomben gelegt, hatten den Mann krankenhausreif geschlagen und schließlich, „Schlachter stirb!“, mit Mord gedroht. „Wer Tiere tötet“, dozierte eine Veganerin bei einer öffentlichen Diskussion, „hat sein Recht auf Leben verwirkt.“

Jetzt gab Groth, mittlerweile wohl Deutschlands bekanntester Öko-Fleischer, seinen Laden im Viertel auf. Resigniert aber hat er nicht. Matthias Groth will seinem Handwerk und seiner Überzeugung treu bleiben. Er wird Bremen weiterhin mit Öko-Fleisch beliefern, auch seinen ehemaligen Laden. Seinen Hauptschaffensort aber verlegt er nach Osnabrück, wo er die Fleischabteilung eines Bio-Supermarktes übernimmt, der Ende des Monats dort eröffnet wird. Außerdem visiert Groth verschiedene Großprojekte an, die er in Zusammenarbeit mit der Erzeugergemeinschaft Osnabrück realisieren will. „Ich will nicht mehr der Arsch für alle sein“, erklärt er rückblickend. Doch zunächst gilt es, den Schuldenberg abzutragen, der vom Vandalismus der Veganer zurückgeblieben ist. Groth erhielt einen Kredit von den Eltern und versetzte Verkaufswagen und Laden, um ein neues Sprungbrett für die Zukunft zu bauen.

„Ich bin erleichtert und traurig“, beschreibt er sein Gefühl angesichts der Aufgabe seines Ladens, an dem er sehr hing. Die drei Jahre, waren ihm zum Symbol geworden für einen langen Weg zu sich selbst, gegen den Widerstand von Eltern und Freunden, und schließlich gegen den der Vandalen. Doch Matthias Groth nutzt diese harte Schule für den Blick nach vorn: „Ich gebe den Laden jetzt auf, um mich auf größere Projekte zu konzentrieren.“

Auf das Prinzip Hoffnung setzen auch die beiden Fleischereifachverkäuferinnen, die jetzt hinter dem Tresen stehen. „Wir haben keine Angst“, versichert Ilona Klinger. „Wir haben niemandem was getan, darum hoffen wir, daß uns auch niemand was tut.“ Keinen Zweifel läßt die robuste Geschäftsführerin daran, daß es auch in Zukunft ausschließlich Öko-Fleisch im Laden am Sielwall gibt. Da steht sie voll dahinter, genauso wie ihr zweitältester Sohn, der Öko-Fleischer ist.

„Ich glaube nicht, daß hier irgendwas passiert“, meint der. „Bei der Fleischerei, die vorher hier drin war, lief ja auch alles ruhig.“ Matthias Groth stimmt ihm zu. Auch er denkt, daß die Vehemenz, mit der, wer auch immer, versuchte, seine Existenz zu zerstören, mehr mit seiner Person zu tun hatte als mit dem Umstand, daß er Öko-Fleisch produzierte: Er ist einer, der trotz häufig vorangemeldeter Angriffe eher wegläuft, als sich mit der Knarre hinter dem Tresen zu verschanzen. Er suchte vielmehr das Gespräch, forderte die Veganer zur Diskussion auf. Matthias Groth war und ist für seine Gegner eine Provokation. Er sei einfach zu soft, kritisierten die Veganer schließlich.

Die Zerstörung der Existenz von Matthias Groth wurde zu einer Art Wettbewerb auch unter Leuten, die nichts mit den Veganern zu tun haben, vermutet der Klinger-Sohn. Deshalb werde es jetzt sicher ruhig: „Die haben ja erreicht, was sie wollten.“ dah