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Psychedelischer Primitiver

■ Akkorde und Ausbrüche: Der Knitting Factory-Gitarrist Gary Lucas versöhnt spielend Frickeleien und Klangschichtungen

Weder der erste Eindruck, noch eine Reihe biographischer Koordinaten lassen Gutes vermuten. Gary Lucas, ein Mann, der sich an seine Gitarre schmiegt, ein Frickler, ein Fummler, dessen Lobpreisungen als „Axe Gold“ und „Guitar Wizard“ Seiten füllen. Der schon für Lou Reed, Nick Cave, Dr. John, Iggy Pop und Sophie B. Hawkins arbeitete. Doch welch wundersame Musik erschallt beim Abspielen des Tonträgers: zwischen kleinen gezupften Spielereien liegen lange psychedelische Klangschichtungen voller hypnotischer Schönheit, oder, um die Spex zu zitieren: „selten war die elektrische Gitarre so sehr Gitarre, selten war sie so elektrisch“.

Wie das zusammenpaßt? Lucas, dessen wesentliche Initiierung als Teil von Captain Beefhearts Magic Band erfolgte, ist Handwerker und Künstler. Ersteres hilft ihm bei entfremdeten Jobs in den Studios der Popwelt, letzteres treibt ihn aus dem Dunstkreis der New Yorker Knitting Factory durch die kleinen Stätten der Welt, wo Progressivität immer noch mit Gitarren zusammenhängen kann. Dort steht der Mann mit dem dünnen Haar neben einem Tisch, auf dem er eine unfaßbare Anhäufung miteinander verkabelter Elektrogeräte postiert und fällt mitsamt einer kleinen Schar Begeisterter tief in die Welt der Töne, Riffs, Akkorde, Schichtungen, Ausbrüche, zerstörter Melodien, melodiöser Zerstörungen.

Aber Lucas kann auch mehr, als sich gekonnt technisch zu klonen. Nach seinem Solo-Debut gründete der selbsternannte „psychedelische Primitive“ eine Band namens Gods and Monsters und versuchte sich auf zwei Veröffentlichungen durch Sperrigkeit und hippieske Spielereien hindurch an Pop-Momenten. Damit einhergehend: Gesang und Texte, in denen durchaus zum Mord an der US-Elite aufgerufen wurde. Im Studio: Avantgarde-Jazz-Größen wie Anthony Coleman und Greg Cohen, alte Helden schwarzer Musik wie Cameo und Keith LeBlanc und verwandte Pop-Outlaws wie Rolo McGinty von den verstorbenen Woodentops.

Jetzt spielt Lucas wieder solo. McGinty heißt mittlerweile Pluto und produziert Techno. Nur Gary heißt immer noch Lucas und geht nie ohne seine Gitarre aus dem Haus. Uschi Steiner

Mi, 14. Februar, 21 Uhr, MarX

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