„Tötet, wo er muß“

■ Verwaltungsgericht lehnt Asyl für Frau aus Zaire ab

Obwohl das Bundesamt im vergangenen Juni die 28jährige Zairin Mputa F. als Asylbewerberin anerkannt hat, wird sie mit ihrer dreijährigen Tochter zum vierten Mal im Kirchenasyl der Gemeinde Altlunneberg Schutz vor Abschiebung suchen müssen. Das Verwaltungsgericht Bremen hob gestern die Entscheidung des Bundesamtes auf.

Möglich wurde dies, weil der Bundesbeauftragte für Asyl Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt hatte. Aufgrund der „anhaltenden chaotischen und anarchischen Zustände in Zaire“, lautet die Begründung, gebe „es dort keine effektive Staatsgewalt mehr, von der eine politische Gefahr ausgehen könnte“.

Gegen die Argumentation des nicht vor Gericht erschienenen Bundesbeauftragten hatte sich die auf dem Flur versammelte Kirchengemeinde gut gewappnet. Pastorin Christa Naatjes legte einen Brief des Auswärtigen Amtes (AA) vor, in dem dieses feststellt, „daß es sich bei der Republik Zaire um einen Staat nach den herkömmlichen Kriterien handelt“. „Davon gehe ich auch aus“, erklärte der vorsitzende Richter. „Aber auf die Begründung des Bundesbeauftragten kommt es nicht an“. Vielmehr seien die Gründe für das Asylbegehren erneut zu überprüfen. "Es geht also praktisch wieder um alles, wie im ersten Verfahren.“

Dieses aber war von demselben Richter geführt worden. Auch einer der beiden Beisitzer war an dem Verfahren beteiligt, das im November 93 die Klage der Zairin gegen die Ablehnung ihres ersten Asylantrages zurückwies. Das Gericht hielt die Zairin für „unglaubwürdig“. Anders die Kirchengemeinde Altlunneberg, welche der Frau und der kleinen Tochter für die kommende Zeit Asyl bot. Dort zweifelte man nicht an dem, was die Frau erzählte: Sie war in Zaire verhaftet worden, nachdem sie im Februar 92 an einer großen Christendemonstration gegen die Diktatur des Präsidenten Mobutu Sese Seko teilgenommen hatte. Ihr Ehemann, ein Diakon, hatte den Protestzug mitorganisiert, wurde verhaftet und starb im Gefängnis. Frau F. wurde nach dreimonatiger Haft von einem Aufseher nachts aus dem Verlies geholt und nach ihrer Vergewaltigung draußen aus dem Auto geworfen. Mit Hilfe der Kirche gelang ihr im Oktober 92 die Flucht nach Deutschland.

Nach einer zweiten Anhörung in der Muttersprache der Zairin bestätigte das Bundesamt die Anerkennung von Mputa F. als Asylbewerberin. „Manchmal entzieht sich jemand dem Druck der Verantwortung, indem er anerkennt“, erklärte der Bremer Verwaltungsrichter. Der Entscheider beim Bundesamt sei schließlich „ein Autodidakt“ und „kein Jurist“. In der zweistündigen Verhandlung vermochte keiner der Verwaltungsrichter eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ dafür zu finden, „daß ausgerechnet Frau F.“ in Zaire politisch verfolgt werden könnte. Auch das Asylverfahren setze die Klägerin einer Gefahr aus, selbst wenn Amnesty International oder das Afrika-Institut das behaupte. Bei den vom AA und vom UNHCR bestätigten Übergriffen des Militärs stehe „die Verfolgung nicht mehr im Vordergrund, sondern nur das Geld.“

„Mobutu tötet, wo er kann“, wendete der Vertrauensdolmetscher der Klägerin empört ein. „Wo er muß, vielleicht“ entgegnete der Vorsitzende Richter, und zerschnitt den letzten Hoffnungsfaden, an dem die Anwältin von Frau F. ihre Verteidigung aufhängte: Frau F. sei durch Presseveröffentlichungen in Deutschland und damit auch in Zaire namentlich bekannt. Zwar sei die Vorstellung „lebensnah“, daß an der Bremer Uni Mobutu-Spitzel sitzen. Doch sei schon die Gerichtsverhandlung öffentlich. dah