Angemessen unangemessen

■ Shells neuester Triumph im Krieg gegen sich selbst

Der Shell-Konzern gibt dem Rowohlt-Lektorat Hilfestellung: Man findet, der Titel „Flammen der Hölle. Nigeria und Shell: Der Krieg gegen die Ogoni“ sei dem Inhalt des Buchs „nicht angemessen“. „Flammen der Hölle“ – da hat man tatsächlich ziemlich in die Tasten gegriffen. Aber der Untertitel ist recht sachlich, wenn man die Fakten betrachtet. Worum geht es noch mal?

Zur Erinnerung: Der Shell-Konzern steht immer noch unter dem Verdacht, sich am Tod seines unbequemsten Gegners in Nigeria durch unterlassene Hilfeleistung die Hände schmutzig gemacht zu haben – um es vorsichtig zu formulieren. Einige Tage nachdem der nigerianische Schriftsteller Ken Saro- Wiwa Anfang November 1995 zusammen mit acht seiner Mitstreiter vom Militärregime des Landes umgebracht worden war, erhob der Bruder des Ermordeten, Owens Wiwa, im britischen Observer den Vorwurf, Shell habe mit Ken Saro-Wiwas Leben gedealt. Man könne vielleicht etwas tun, sei ihm vom Shell-Chef in Nigeria signalisiert worden, wenn die Protestkampagne gegen die Umweltsünden Shells im Ogoni- Land gestoppt würde. Das war bekanntlich nicht der Fall. Es lag auch nicht in der Macht von Owens Wiwa, die inzwischen interessierte Weltöffentlichkeit zum Schweigen zu bringen.

Dem Rowohlt Verlag kann Shell zwar nicht so effektvoll drohen wie den Ogoni, aber immerhin zeigt der Anwalt schon einmal die Instrumente: Man will „alle notwendigen Schritte“ ergreifen, falls die „kommerzielle Reputation“ des Konzerns beschädigt werde. Niemand hat auf diesem Feld soviel kaputt gemacht wie der Shell-Konzern selbst, und der Versuch, nach Scientologen- Art einen renommierten Verlag einzuschüchtern, ist nur der letzte Schritt im selbstzerstörerischen Getrampel des Ölgiganten. Jörg Lau