■ Querspalte
: Nur die Sanduhr rettet uns

„Moment, ich hab' gleich 'nen Groschen!“ gehört nun im Münzsprechverkehr zum allgemeinen Standardgespräch, und in „Bitte warten!“-Schleifen hat man endlich was zu tun: dauernd Geld nachwerfen und schon mal üben, lange Nebensätze oder gar Gedankenpausen zu vermeiden. Denn Worte sind nun kostbarstes Gut – eine 12-DM-Telefonkarte rast tagsüber ratzfatz in gut sieben Minuten weg. Die Telekom entpuppt sich als Beschleuniger der sprachlichen Evolution, denn Abkürzungen sind nun ratsam, Sprachsteno ist angesagt – die Verschmelzung langer Worte in Laute. Man kann natürlich auch schneller reden oder eine vorher aufgezeichnete Botschaft im Schnellauf übermitteln; der Angerufene muß dann eben etwas flotter zuhören.

Das Problem besteht darin, die verbleibenden Sekunden einer Einheit zielgenau zu besprechen. Jede ungenutzte Restsekunde ist schließlich rausgeschmissenes Geld: Zeittransparenz ist vonnöten, um die „Amokphase“ vor dem drohenden Finale der Einheit kostengünstig zu nutzen. Die derzeit massenweise gekauften Einheitenzähler aber zählen nur die Katastrophen, jene Momente, in denen alles schon zu spät ist, weil die Einheit bereits in die nächste kippte. Erst so etwas wie „Endzeit-Timer“ würden optimalen Wortcheck gewähren. Dafür muß die Telekom nicht mal Software schreiben. Es genügte eine kleine Sanduhr in jeder Telefonzelle, und die KundInnen hätten ihren Stand stets vor Augen.

Solch sprachnahe Zeitmessung wird sich angesichts der absehbaren neuen „Zeitstraffung“, der nächsten Gebührenreform, um so mehr bewähren, als der Trend eindeutig hin zur „Worttaktmessung“ geht. Es empfiehlt sich, rechtzeitig mit Sprachübungen zu beginnen, denn die Rechnung bemißt sich dann an Wort oder Silbe und ist damit endlich gerecht. Jedes Hüsteln wird dann in Echtzeit verrechnet, und sogar Laute und Zehntelbuchstaben werden Leben retten können. Aus praktischen Gründen freilich sollten die ollen Münzautomaten bereits heute auf Scheine umgerüstet sein. Matthias Groll