„Schulte am Hebel“

■ Verkehrsberuhigung „light“ - im Viertel

Verkehrsberuhigung hin, Schilderwechsel her – am Freitag hob Bausenator Bernt Schulte die „Entwidmung“ der Straßen Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor als allgemeine Verkehrsfläche auf. Am selben Tag beantragte der Gesamtbeirat Mitte/Östliche Vorstadt eine einstweilige Verfügung gegen diese Maßnahme. Über eine aufschiebende Wirkung hat das Verwaltungsgericht gestern noch nicht entschieden.

Neue Anregungen zur Verkehrsberuhigung enthält indes ein Schreiben von Ortsamtsleiter Robert Bücking, das momentan unter den Beiratsmitgliedern kursiert und der taz zuging. Beim Beschluß des Projektes 1991 sei man von einer Reihe falscher Annahmen ausgegangen, übt der Viertelbürgermeister Selbstkritik. Man habe geglaubt, der Kompromiß werde von allen Beteiligten getragen. Die Kaufleute aber seien „aus diesem Vertrag ausgeschieden“. Auch „in den entscheidenden Ressorts sitzen ausgewiesene Gegner dieses Konzeptes“, konstatiert Bücking. Er bezeichnet es daher als „gänzlich aussichtlos, die Sache jetzt juristisch und politisch frontal gegen den Willen der politischen Führung und die große Mehrheit der Kaufleute zu erzwingen. Der Bausenator sitzt am längeren Hebel.“ Um wenigstens einen Teil der Verkehrsberuhigungsmaßnahmen zu retten, müsse man nach Kompromissen suchen. Dafür formulierte Bücking Bedingungen:

Die Kommunalpolitik nehme die Öffnung des Hauptstraßenzuges für den Kundenverkehr hin, wenn die Fußwege im Steintor auf einer Länge von etwa 1.000 Metern verbreitert werden – (Kosten: etwa 1 Millionen DM). Die Zahl und Verteilung der Kurzzeitparkplätze und Ladezonen sei zu beschränken und täglich von drei Überwachern zu kontrollieren. Der Lieferverkehr soll auf die Vormittagsstunden konzentriert werden, sodaß am Nachmittag Tische und Bänke auf den Lieferstreifen aufgestellt werden können. Die vom Bausenator gewünschte Abbiegevorschrift an der Sielwallkreuzung soll nach einem Vierteljahr durch eine Verkehrszählung überprüft werden. Bei unzumutbaren verkehrlichen Belastungen seien Alternativen zu erarbeiten. Die im Viertelmarketing-Topf noch vorhandenen 140.000 Mark sollen dafür verwendet werden, die Werbung für den ÖPNV zu forcieren sowie das Carsharing unter KundInnen und Betriebsangehörigen im Viertel publik zu machen. Für die Nebenstraßen wird, so Bückings Vorschlag, ebenfalls ein Fonds von einer Million DM errichtet, aus dem ein Bündel von Maßnahmen zur Schaffung autofreier Zonen finanziert wird.

„Wenn die Anwohner das wollen, und das für den Anfahrverkehr möglich ist“, hat Kaufleute-Sprecher Norbert Cäsar nichts dagegen. Auch die Idee, die Fußwege zu verbreitern, sei „theoretisch ganz witzig, aber“, fügt er schnell hinzu, „bei der Bremer Haushaltslage nicht praktikabel“. Der Viertelbürgermeister hingegen sagt, wo die insgesamt erforderliche Summe von zwei Millionen Mark herkommen könnte: Aus den Einsparungen, die sich aus dem Verzicht auf die Aufstockung des Parkhauses Lübecker Straße ergeben, aus der Einstellung des Viertel-Taxis und der Streichung der Milsehof-Querung. dah